Bonn boomt So entwickelt sich die Bevölkerung bis 2035

Berlin · Die Rheinschiene bleibt attraktiv, aber es gibt eine wachsende Stadt-Land-Kluft. Die Entwicklung in NRW hat Licht und Schatten. Ein Überblick über die Entwicklung der Bevölkerung bis zum Jahr 2035.

Das Rheinland zieht in den kommenden Jahren immer mehr Zuwanderer an. Bis zum Jahr 2035 dürfte die Einwohnerzahl Kölns und Bonns um je weitere neun Prozent wachsen. Auch Düsseldorf wird noch einmal deutlich zulegen. Das geht aus einer Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hervor, die am Freitag vorgestellt wurde. Die Wissenschaftler haben zum dritten Mal seit 2003 eine Prognose zur demographischen Entwicklung in allen 401 Landkreisen und kreisfreien Städten erstellt.

„Die Bevölkerungszahl bleibt in Deutschland weitgehend stabil“, sagt Instituts-Chef Reiner Klingholz. Mitte der 30er Jahre dieses Jahrhunderts erwartet er 82,3 Millionen Einwohner. Dafür sorgt die Zuwanderung. Rund 230.000 Neubürger erwarten die Forscher jährlich im Durchschnitt. „Allerdings verschärfen sich die regionalen Verwerfungen zwischen den prosperierenden Großstädten und den entlegenen, strukturschwachen Regionen“, erläutert Klingholz.

Wie dramatisch diese Entwicklung für einzelne Gebiete sein kann, zeigt sich mit Blick auf die Sterblichkeit. Im südbrandenburgischen Landkreis Spree-Neiße werden 2035 auf eine Geburt vier Sterbefälle kommen. Ähnlich düster sieht es in anderen Teilen Ostdeutschlands aus, vor allem in Sachsen-Anhalt.

Kein eindeutiges Ost-West-Gefälle

Doch von einem generellen Ost-West-Gefälle kann nicht mehr die Rede sein. So ist Leipzig die am stärksten wachsende Stadt Deutschlands. Dresden hat es als einzige Kommune außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs unter die insgesamt besten kreisfreien Städte und Kreise geschafft.

Bewertet werden dafür eine ganze Reihe von Indikatoren, von der Wirtschaftskraft bis hin zur Familienfreundlichkeit. Da hat der Osten generell die Nase vorn. Am meisten Kinder bekommen die Frauen im sächsischen Bautzen, fast zwei. In Bayreuth, dem Schlusslicht der Rangliste, sind es gerade einmal 1,2 Kinder pro Frau.

Bonn schneidet mit der Schulnote 2,92 recht gut ab. In NRW steht lediglich Münster noch etwas besser da. Doch sieht das Institut auch noch eine Reihe von Mängeln in der Bundesstadt: Für die Kinderzahl bekommt Bonn nur die Note „5“, eine glatte sechs setzt es für die Verschuldung, die Beschäftigung und den Wohnraum. Sehr gut bewerten die Forscher hingegen den Anteil junger Bewohner und Hochqualifizierter, die Lebenserwartung sowie die Wirtschaftskraft.

Mit Blick auf ganz Nordrhein-Westfalen verdunkelt sich das Bild erheblich. Denn Teile des Landes gehören bundesweit zu den Schlusslichtern. Betroffen ist vor allem das Ruhrgebiet, in dem das Einkommen der Menschen Klingholz zufolge inzwischen teilweise hinter das in Ostdeutschland zurückgefallen ist.

Gelsenkirchen am Ende des Rankings

Ganz am Ende der Städteliste findet sich Gelsenkirchen. Fünf weitere Städte aus dem Ruhrgebiet gehört zu den 20 schlechtesten kreisfreien Städte. Sie überaltern allmählich und locken keine jungen Zuwanderer mehr an. Lichtblicke sind dagegen Dortmund und Essen, was die Studie auf die gute Hochschullandschaft dort zurückführt.

Die Polarisierung zwischen wachsenden Städten und entvölkerten Rändern wird sich nach Einschätzung des Instituts fortsetzen. Klingholz mahnt eine entsprechend ausgerichtete Politik an. So müsse die Daseinsvorsorge für die überalternden Regionen gesichert werden. Von einer Förderung mit dem Schwerpunkt auf gleichwertige Lebensbedingungen rät der Wissenschaftler aber ab. „Gleichwertigkeit ist ein hehres Ziel“, sagt er, „aber die Wirklichkeit ist Vielfalt.“ Wo mit Förderung nichts zu erreichen ist, wäre sie verschwendetes Geld.

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