Statussymbol der Deutschen Küche statt Porsche

Köln · Die Möbelindustrie in Deutschland wächst insgesamt. Rückgänge verzeichnet die Branche nur bei Matratzen und Polstermöbeln.

 Die Küche ist das neue Statussymbol der Deutschen.

Die Küche ist das neue Statussymbol der Deutschen.

Foto: picture-alliance/ dpa

Rund 7000 Euro geben die Deutschen mittlerweile im Schnitt für eine neue Küche aus – Tendenz steigend. Denn für die Deutschen ist sie heute das, was früher das Auto war: ein Statussymbol. Das zeigt sich auch an dem Umsätzen der Branche im ersten Halbjahr 2016. Mit 2,4 Milliarden Euro konnten die deutschen Küchenmöbelhersteller in diesem Zeitraum einen Rekordumsatz erzielen. Der Anstieg liegt bei 7,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Noch stärker konnten nur die Hersteller von Ladenmöbeln wachsen, allerdings ist das Küchensegment um einiges größer. Ursache für den Erfolg sei vor allem die gestiegene Bautätigkeit, erörterte der Präsident des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie, Axel Schramm, am Montag bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen in Köln. Aber auch der Zeitgeist habe dazu beigetragen: Es werde zwar nicht unbedingt häufiger gekocht, aber die Zubereitung des Essens werde mehr zelebriert.

Die Möbelindustrie entwickelt sich aber auch insgesamt gut. Alle Segmente zusammen erreichten im ersten Halbjahr einen Umsatz von insgesamt 8,9 Milliarden Euro. „Damit wurden unserer Erwartungen deutlich übertroffen“, erklärte Schramm. Rückgänge gab es nur bei Matratzen und Polstermöbeln. Doch Schramm betonte auch, dass trotz des durchschnittlichen Wachstums von 4,9 Prozent nicht alles positiv sei. „Wir verzeichnen derzeit eine Reihe von schmerzlichen Insolvenzen – gerade auch von traditionsreichen Möbelunternehmen.“ Es gebe aber immer wieder auch Neugründungen. So bliebe die Zahl der Unternehmen in der Branche im Vergleich zum Vorjahr mit 500 Betrieben unverändert. Derzeit beschäftigt die Möbelindustrie in Deutschland mehr als 84 000 Mitarbeiter, etwas mehr als 2015.

Die Ursache für die Insolvenzen liegt laut Schramm daran, dass die Branche seit Langem unter Überkapazitäten leide. Unter anderem habe das Ende der Schrankwand dazu beigetragen, dass weniger Holz verarbeitet werde. Zudem sei die Rendite zu gering, was wichtige Investition verhindere. Die Produzenten seien derzeit nicht in der Lage, die betriebswirtschaftlich notwendigen Preise auf dem Markt durchzusetzen.

Die gesamte Branche müsste in den nächsten Jahren in Automatisierung, Standardisierung und Digitalisierung investieren, so Schramm. Nur die Küchenindustrie nutze heute schon viele Bausteine der Industrie 4.0. Denn: „Der Kunde verändert sein Verhalten: Er wird komplizierte Prozesse, lange Lieferzeiten und mehrstufige Vertriebe immer weniger akzeptieren“, erläuterte Schramm. Zwischen sechs und zehn Wochen müssten Kunden derzeit auf hochwertige Ware warten.

Wenn es schnell gehen muss, bestellt der Präsident der Möbelindustrie selbst auch per Knopfdruck. Im Onlinehandel würden derzeit zwar nur sechs Prozent der Umsätze erzielt. Dennoch werde er immer bedeutender für die Möbelindustrie. Allerdings kauften die Kunden die höherwertigen Stücke weiterhin eher im stationären Handel. „Bei teuren Anschaffungen wollen die Kunden die Möbel vorher „fühlen““. Die Zukunft sieht Schramm deshalb eher in der Mischung aus Online- und stationärem Handel.

Derzeit exportieren deutsche Möbelhersteller rund ein Drittel ihrer Produkte ins Ausland. Diese Quote hat sich nach Angaben des Verbands seit der Jahrtausendwende verdoppelt. „In 2015 belegten wir mit fünf Prozent der weltweiten Möbelproduktion hinter China und den USA den dritten Platz“, erklärte Schramm. Aus China stammen 41 Prozent aller Möbelstücke, aus den USA zwölf Prozent. Aus europäischer Sicht liege Deutschland sogar auf Platz eins.

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