Umfrage IHK Bonn/Rhein-Sieg Industrie in der Region boomt

Bonn · Der IHK-Konjunkturklimaindikator erreicht seinen zweithöchsten Wert seit 2002. Trotzdem ist die Investitionsbereitschaft nicht überall groß.

Als Hauptrisiko für die regionale Wirtschaft gilt der Mangel an Fachkräften.

Als Hauptrisiko für die regionale Wirtschaft gilt der Mangel an Fachkräften.

Foto: Axel Vogel

Die Wirtschaft in der Region zeigt sich in blendender Verfassung, wie aus der am Dienstag vorgestellten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg hervorgeht. Mit 129,3 Punkten verbesserte sich der Konjunkturklimaindikator nochmals um knapp zwei Punkte gegenüber dem Frühjahr. Besonders optimistisch äußerten sich die Industrie, das Verkehrs- und das Gastgewerbe.

Laut IHK-Präsident Stefan Hagen sehen die Unternehmen die Entwicklung auch deshalb positiv, weil sich der Schock durch die US-Präsidentschaftswahlen gelegt hat. „Der Himmel hat sich aufgehellt.“ Wer protektionistische Maßnahmen durch US-Präsident Donald Trump befürchtete, erkenne heute: „Nichts wird so heiß gegessen wie gekocht.“

Auffällig ist allerdings, dass die meisten Branchen im Vergleich zur Frühjahrsumfrage zurückhaltender bei den Investitionen sind. Hagen sagte, viele Unternehmen würden erst einmal abwarten wollen, was die neuen Regierungen in NRW und im Bund auf den Weg bringen werden. Eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur sei weiterhin eine wichtige Voraussetzung für eine gute Konjunktur.

Keine Zurückhaltung bei Investitionen

Keine Investitionszurückhaltung gibt es in der Industrie. Fast 36 Prozent der Unternehmen in diesem Sektor wollen ihre Investitionen erhöhen, nur 13 Prozent wollen sie zurückführen. 30 Prozent wollen neues Personal einstellen, lediglich 9,8 Prozent antworteten, sie würden die Belegschaft verringern.

„Es ist wichtig, dass wir die Industrie hegen und pflegen, denn sie hat positive Auswirkungen auf andere Branchen“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille. Im Kammerbezirk trägt die Industrie nur mit zehn Prozent zur Wertschöpfung bei, im Bundesdurchschnitt sind es bis zu 25 Prozent. Geht es der Industrie gut, profitieren davon das Logistikgewerbe, kleine Zulieferfirmen und unternehmensnahe Dienstleister.

Das Hauptrisiko für die Industrie ist laut Hille der Mangel an Fachkräften. Ein Großteil der dortigen Investitionen fließe in „Produktinnovationen und Rationalisierung“. Es gehe um neue digitale Produkte und die Automatisierung von Prozessen, damit Personal eingespart werden könne: „Auch ein Mittel, um auf den Fachkräftemangel zu reagieren.“

Der Einzelhandel in der Region sieht seine Lage mehrheitlich nur als befriedigend (83,8 Prozent) an. Auch dort möchten die Firmen Personal einstellen, finden aber keine geeigneten Bewerber. „Da keine großen Impulse auf die Kaufkraft und Konsumlaune zu erwarten sind, halten sich die Unternehmen auch mit Investitionen zurück“, sagte Hille.

Weltklimakonferenz tut dem Gastgewerbe gut

Dass es dem Gastgewerbe derzeit so gut geht, führt Hille auch auf die Weltklimakonferenz im November zurück, ferner auf den von der Landesregierung angekündigten Bürokratieabbau. „Alle Unterkünfte sind restlos ausgebucht.“ Der Geschäftsklimaindex stieg von 114 auf fast 130 Punkte, ein für die Branche sehr hoher Wert.

Da auch beim Deutschlandfest 2011 Hotels und Gaststätten ein sehr gutes Geschäft gemacht hatten, forderte Hille, beim Beethoven-Jubiläum 2020 „in ganz großen Dimensionen zu denken“. Trotz allem will das Gastgewerbe Investitionen und Beschäftigung zurückfahren.

Hagen sagte, die IHK erhalte „sehr positive Signale aus der Politik“, dass es bei der Ausweisung neuer Gewerbeflächen in der Region eine interkommunale Zusammenarbeit geben könne. Derzeit hat Bonn kaum Flächen, die es Unternehmen zur Verfügung stellen kann, die sich vergrößern wollen.

Hohe Langzeitarbeitslosigkeit ist ein Problem

Als problematisch sieht die IHK die im bundesweiten Vergleich höhere Arbeitslosigkeit in der Stadt Bonn. Das liege auch daran, dass es überproportional viele Erwerbslose ohne Berufsabschluss gebe, nämlich 57 Prozent gegenüber 47 Prozent im Bund. Die IHK bietet deshalb schon Teilqualifikationen an, die modulweise geprüft und abgenommen werden – für Menschen, die vor einer zwei- bis dreijährigen Ausbildung Angst haben. An der Konjunkturumfrage nahmen 370 Unternehmen teil.

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