Urteil im Schröder-Esch-Prozess Ex-Sparkassenvorstände zu Bewährungsstrafen verurteilt

Köln · Nach neun Monaten ist am Kölner Landgericht das Urteil gefallen: Zwei Ex-Sparkassenvorstände sind zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt worden, für Josef Esch gab es eine Geldstrafe.

Fotografen machen Bilder von Angeklagten und ihren Verteidigern – das ist das gewohnte Bild im Gerichtssaal bei aufsehenerregenden Prozessen. Am Donnerstag läuft das im Saal 142 des Kölner Landgerichts zur Abwechslung auch mal umgekehrt. Der Verteidiger des Troisdorfer Bauunternehmers Josef Esch zückt kurzerhand sein Handy und hält es einem der Fotografen entgegen. „Aber ganz so viele wie Sie brauche ich nicht“, lacht Eberhard Kempf als er auf den Auslöser drückt. Anschließend hält er Esch das Handy hin, um das Ergebnis gemeinsam zu begutachten. Damit nimmt er seinem Mandanten kurz vor der Urteilsverkündung sicher etwas die Anspannung.

Es ist aber auch eine Szene, die genau das zeigt, was der Vorsitzende Richter Christof Wuttke, später im Rahmen der Urteilsverkündung erklärt: Trotz der Komplexität des Verfahrens und deutlich unterschiedlichen Sichtweisen im Gerichtssaal habe immer eine „angenehme Atmosphäre“ geherrscht – alle Beteiligten hätten kooperativ mitgewirkt. Diese diplomatischen Worte täuschen allerdings nicht darüber hinweg, dass die Ansichten der einzelnen Prozessbeteiligten bis zuletzt zum Teil stark auseinandergingen.

Und wenige Minuten später ist klar: Die drei Angeklagten werden zumindest in einigen Anklagepunkten verurteilt, wenn auch nicht in allen. Für der Ex-Chef der früheren Stadtsparkasse Köln, Gustav Adolf Schröder, endet der Prozessmarathon nach neun Monaten mit einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung, für seinen früheren Vorstandskollegen Franz-Josef Schäfer mit einer Haftstrafe von einem Jahr zur Bewährung. Der Troisdorfer Baulöwe Josef Esch ist – wie bereits im Oppenheim-Prozess – der einzige der Angeklagten, der nur mit einer Geldstrafe den Gerichtssaal verlässt – 100 Tagessätze à 4100 Euro lautet das Urteil in seinem Fall.

Verurteilt werden die drei wegen Untreue, Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu. Schröder und Schäfer müssen zusätzlich jeweils 18.000 und 12.000 Euro für wohltätige Zwecke zahlen.

Die größten Unstimmigkeiten zwischen Verteidigung, Strafkammer und Staatsanwaltschaft gab es bis zum Ende wegen des Vorwurfs der Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit. Dass die beiden Angeklagten – Schröder und Esch – zumindest in diesem Punkt freigesprochen werden, kommt auch nicht überraschend. Die Strafkammer hatte schon sehr früh im Verfahren durchblicken lassen, dass ihr die Hinweise nicht ausreichen, um den Tatbestand als erfüllt zu betrachten. Die Staatsanwaltschaft sah das bis zuletzt ganz anders und brachte das auch teilweise sehr deutlich zum Ausdruck. Staatsanwalt Christoph Nießen bezeichnete die Version der Verteidigung einmal als „wilde, lebensfremde und abwegige Geschichte“. In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwaltschaft deshalb auch höhere Strafen – zum Teil ohne Bewährung – als die, die das Gericht am Donnerstag verhängt.

Zahlung von 9,9 Millionen Euro

Der Korruptionsvorwurf bezieht sich auf das Zustandekommen des Bauauftrags für die Nordhallen der Kölnmesse zu Beginn der 2000er Jahre. Esch baute sie damals im Rahmen eines seiner Immobilienfonds. Die Fonds, in die auch die Familie Deichmann, der frühere Manager Thomas Middelhoff und die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz investierten. Um an den Bauauftrag zu gelangen und seinen Fonds auflegen zu können, soll Esch der Sparkasse laut Anklage 9,9 Millionen Euro gezahlt haben. Dafür soll sich der damalige Sparkassen-Chef Schröder bei den wichtigen Leuten für Esch stark gemacht haben. Richter Wuttke erklärt am Donnerstag in seiner Urteilsbegründung: Die Kammer erkenne die 9,9 Millionen Euro nicht als Gegenleistung für Schröders Einsatz beim Bau der Nordhallen an. Das Problem im Prozess war auch, dass der Zeitpunkt der mündlichen Vereinbarung nie ausreichend geklärt werden konnte. Zum anderen sieht die Kammer in der Vergütung, die im Dezember 2004 schriftlich fixiert wurde, auch eher einen Scheinvertrag. Sie vermutet, dass es sich eigentlich um einen Mietzuschuss für einen anderen Fonds gehandelt habe. Damit scheide die Zahlung als Bestechungsvorteil aus, so Wuttke. Wie es tatsächlich war, wissen wohl nur Schröder und Esch. Aus diesem Scheinvertrag, wie das Gericht es nennt, ergibt sich allerdings dann der Tatbestand der Steuerhinterziehung, für die Esch am Donnerstag verurteilt wurde – weil eben der eigentlich Grund der Zahlung auf der Rechnung nicht angegeben ist.

Einig waren sich Strafkammer und Staatsanwaltschaft dagegen immer im Hinblick auf die Untreuevorwürfe, die im Zusammenhang mit den Geschäften rund um die Kölner Produktionsfirma Magic Media Company (MMC) standen. Auch deren Gebäude liefen über einen Esch-Fonds. Als das Unternehmen finanziell schwächelte, mussten die Gesellschafter – damals die Sparkasse, RTL. Pro7 und die Brüder Bernd und Helmut Breuer – die Mieten an den Fonds zahlen. Irgendwann wollten die Breuer-Brüder aussteigen. Um eine Insolvenz der MMC zu vermeiden, wollte die Sparkasse die Anteile übernehmen. Das war auf legalem Weg allerdings nicht möglich. Also kamen Zweckgesellschaften zum Zug.

Keine "rechtsverbindliche Vereinbarung"

Die Sparkasse stattete die Gesellschaften zwar mit Geld aus, schloss allerdings nie entsprechende Treuhandverträge, weil die Verbindung nicht öffentlich werden sollte. Als sich der Inhaber der Zweckgesellschaften und Steuerberater der Sparkasse, dem der Vorstand vertraut hatte, selbstständig machte, machte die Sparkasse hohe Verluste. In seiner Urteilsbegründung betont Wuttke noch einmal, es habe nie „rechtsverbindliche Vereinbarungen“ gegeben. Die Sparkasse habe damit keinerlei Kontrolle über das Geld gehabt, dass sie den Gesellschaften zur Verfügung gestellt hatte.

Mit ihren Strafen bleibt die Strafkammer, wie erwartet, etwas hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurück. Allein für den Tatbestand der Untreue im besonders schweren Fall sieht das Gesetz ein Strafmaß bis zu zehn Jahren vor. Allerdings erkennen die Richter mehrere strafmildernde Umstände an, wie Wuttke am Donnerstag ausführt: kooperatives Verhalten, die Länge des Verfahrens und die dadurch entstandene Belastung für die Angeklagten. Zudem engagierten sich Schröder und Schäfer bis heute ehrenamtlich, betont Wuttke. Sie hätten sich durch die Geschäfte nie persönlich bereichert. Damit endet eine aufsehenserregende Geschichte des Kölner Klüngels recht unaufgeregt mit wohlwollenden Worten. Und am Ende wünscht der Richter allen Beteiligten: Alles Gute.

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