Geschäftsjahr 2016 Ethikbank erwägt Negativzins für Neukunden

Bonn · Kunden des Steyler Geldhauses in Sankt Augustin zahlen seit vergangenem Jahr mehr fürs Girokonto. Das Ergebnis vor Steuern der Bank ist deutlich gesunken.

 Die Steyler Ethik Bank aus Sankt Augustin bietet ihren Kunden Geldanlagen, die strenge soziale und ökonomische Kriterien erfüllen.

Die Steyler Ethik Bank aus Sankt Augustin bietet ihren Kunden Geldanlagen, die strenge soziale und ökonomische Kriterien erfüllen.

Foto: picture alliance / dpa

Eine Schule im westindischen Muvalia: Die Steyler Missionare unterrichten hier über 500 Schüler, die zu der ärmsten Ureinwohnergruppe des Landes gehören. 120 000 Euro investierte die Steyler Bank Stiftung dort in den vergangenen zwei Jahren – zuletzt in Etagenbetten. Denn bisher mussten die Schüler auf dem Boden schlafen. Norbert Wolf, einer der beiden Geschäftsführer der Steyler Ethik Bank in Sankt Augustin, zeigt einige Bilder von der Einweihungszeremonie zum Ende der Bilanzpressekonferenz. Das ist der erfreuliche Teil.

Weniger Freude macht dem Geldhaus, das sich auf nachhaltige Anlagestrategien spezialisiert hat, allerdings die Niedrigzinsphase. Denn die sorgt auch dafür, dass das Geld für Hilfsprojekte zurückgeht: Das karitative Ergebnis 2016 – das heißt, das Geld, das die Bank im vergangenen Jahr an die Steyler Mission überwiesen hat – lag bei 1,53 Millionen Euro.

Das ist der niedrigste Betrag innerhalb von zehn Jahren. Im Jahr 2015 waren es noch 2,25 Millionen Euro. Da ein Teil davon aus Zinsspenden der Bankkunden besteht, ist der Zusammenhang offensichtlich. Dabei steige grundsätzlich die Bereitschaft zu spenden, erklärt Geschäftsführer Jürgen Knieps. Auch was die Kunden und deren Vertrauen angeht, blickt die Ethikbank eigentlich auf ein erfolgreiches Jahr zurück: Das verwaltete Kundenvermögen wuchs 2016 im Gegensatz zum Vorjahr um 6,9 Prozent auf 480,7 Millionen Euro.

Auch das Volumen im Kreditgeschäft hat sich demnach positiv entwickelt. Die Bilanzsumme stieg um 2,9 Prozent auf 298,3 Millionen Euro. Die Rahmenbedingungen, wie Niedrigzinsen und neue EU-Gesetze, sorgen allerdings dafür, dass die Gesamterträge der Bank von 8,1 Millionen im Jahr 2015 auf 7,7 Millionen Euro im vergangenen Jahr gesunken sind. „Durch Vorgaben aus Brüssel hat sich unser Verwaltungsaufwand massiv vergrößert“, sagt Knieps. Das Ergebnis vor Steuern verminderte sich in diesem Zeitraum von 720 000 auf 189 000. Am Ende stand im vergangenen Jahr ein Bilanzgewinn von 83 000 Euro (2015: 501 000 Euro). Die Aussichten für die nächsten Jahre seien ähnlich. Und das wirkt sich auch auf die Kunden aus.

Auch wenn sich die Steyler Bank seit 1964 Fairness auf die Fahnen schreibt, sind Negativzinsen kein Tabuthema mehr, wie Knieps erklärt: „Für bestehende Kunden gibt es keine Negativzinsen. Für Neukunden künftig womöglich schon, gerade wenn sie nur Geld bei uns parken wollen.“ Dazu hat das Geldhaus aus Sankt Augustin im vergangenen Jahr erstmals seit Jahren den Grundpreis für das Girokonto angehoben.

Woran die Bank trotz rückgängiger Zinserträge nichts ändern will, ist ihre Risikopolitik: „Wir werden auch in Zukunft keine riskanten Geschäfte tätigen, bei denen höhere Ertragschancen auf Kosten der Sicherheit gehen“, so Wolf. Die Steyler Bank investiert das Geld ihrer Kunden in Wertpapiere, die strenge soziale und ökonomische Kriterien erfüllen. Ausgeschlossen sind Unternehmen, die mit Rüstung oder Atomkraft zu tun haben. „Wir schauen aber auch auf die Geschäftspraktiken der Firmen, in die wir investieren. Zum Beispiel, ob sie in den Bereichen Arbeits- oder Kartellrecht auffällig sind“, so Wolf.

Beim Thema Sicherheit verweist die Bank auch auf die Erhöhung ihrer Eigenkapitalquote im vergangenen Jahr. Mit dem Jahresüberschuss und einer zusätzlichen Spritze der Gesellschafter stieg die Quote von 15 auf 20 Pozent.

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