Bonner Unternehmertage Datenschutzverordnung verunsichert Firmen

Bonn · Seit Mai ist die Datenschutzgrundverordnung europaweit in Kraft. Wie sehr sie polarisiert, zeigte sich bei den Bonner Unternehmertagen. Dort diskutierten der designierte Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber und Siebo Woydt von Creditreform über das Regelwerk.

Wenn diese Abkürzung genannt wird, dann runzeln die meisten Unternehmer die Stirn. DSGVO – Datenschutzgrundverordnung. Schwer zu durchschauen, noch schwieriger umzusetzen, hoher Aufwand, Rechtsunsicherheit – das sind die gängigen Meinungen. Ist die DSGVO wirklich ein Schutzschild für Bürger oder eher eine Wachstumsbremse? Diese Frage erörterten Ulrich Kelber, SPD-Bundestagsabgeordneter und designierter Bundesdatenschutzbeauftragter, und Siebo Woydt, Vorstand der Creditreform AG, am Dienstagabend bei den Bonner Unternehmertagen.

Damit waren die Fronten bei der Podiumsdiskussion, die von GA-Wirtschaftsredakteurin Ulla Thiede moderiert wurde, von Anfang klar: Der eine befürwortet die europaweit gültige Verordnung, der andere sieht sie kritisch. Er sei schon bei der Lektüre des Entwurfs „von der einen Sinnkrise in die nächste gefallen“, sagte Woydt, dessen Unternehmen als Wirtschaftsauskunftei und Inkassodienstleister tätig ist.

Zu sperrig, zu viele offene Fragen

Seiner Meinung nach ist die Verordnung zu sperrig, sie werfe immer wieder Fragen auf. „Es tauchen darin immer wieder unbestimmte Rechtsbegriffe auf. Fragt man danach, werden sie auch wieder nur mit unbestimmten Begriffen erklärt“, beklagte er. Selbst die zuständigen Datenschutzbehörden könnten nicht immer klare Antworten geben, etwa zur Auslegung von Vorschriften. „Das ist nicht gerade hilfreich, gerade wenn man als Unternehmer seine Formulare oder Prozesse rechtskonform gestalten will“, so Woydt. Die Unsicherheit führe dann dazu, dass beispielsweise Onlinehändler ihre Geschäfte über amerikanische Bezahl-Dienstleister abwickeln würden – für Woydt ein kontraproduktiver Effekt.

Das sei eine offene Flanke, räumte Kelber ein. Insgesamt sieht er in der DSGVO jedoch einen Meilenstein, da sie europaweit quer durch alle Branchen gelte. Sie biete Instrumente, Länder in die Pflicht zunehmen, die mit Datenschutz eher locker umgehen – wie Irland, wo große Digitalkonzerne wie Facebook, Google oder Twitter ihren Europa-Sitz haben. „Wenn eine Datenbehörde nicht tätig wird, kann sie durch eine andere zum Handeln gezwungen werden“, so Kelber.

Verordnung dem digitalen Wandel anpassen

Freilich müssten die Behörden personell besser ausgestattet werden. Und: Die DSGVO müsse weiter gedacht werden. Denn die digitale Welt dreht sich immer weiter, immer schneller. Was passiert beispielsweise, wenn lernende Systeme Zugriff auf Daten erhalten, die zu einem bestimmten Zweck über einen Menschen gesammelt worden sind – etwa beim Arzt oder von Amts wegen? Wie soll das kontrolliert werden?

Kelber: „In den Köpfen hat die Fortschreibung der DSGVO schon begonnen.“ Er hofft, dass der Verordnung auf Dauer ein ähnlicher Erfolg beschieden ist wie dem Arbeitsschutzgesetz: Dieses habe dazu beigetragen, dass tödliche Arbeitsunfälle stark zurückgingen. Woydt wünschte sich entschlackte, verständlichere Vorgaben. Dazu sei ein Dialog von Legislative, Exekutive und Wirtschaft erforderlich. Immerhin konnten die beiden Gesprächspartner konstatieren, dass die befürchtete Abmahnwelle im Zusammenhang mit der DSGVO bislang ausgeblieben ist.

Die Diskussion bildete den Schlusspunkt der 13. Unternehmertage, an der sich an zwei Tagen mehr als 350 Teilnehmer in der Redoute beteiligten. Eingeladen hatten Meyer-Köring Rechtsanwälte und Steuerberater zusammen mit der Industrie- und Handwerkskammer (IHK) und der Volksbank Köln-Bonn. Schwerpunkt war die Digitalisierung der Arbeitswelt. Als Redner war unter anderem Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, dabei: Er sprach über die neue Weltordnung und Gefahren für die deutsche Wirtschaft.

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