Mobiles Heim mit 13 Quadratmetern Bonner Künstlergruppe baut fahrbares Mini-Haus

Bonn · Die Bonner Künstlergruppe Majala hat in Dransdorf ein fahrbares Mini-Haus gebaut, das auf der Kölner Büromesse Orgatec ausgestellt worden ist. "Lillehus" kann von Firmen als Rückzugsort für Angestellte oder sogar als autarker Wohnraum genutzt werden.

Im Innenraum sind Fichten- und Eichenholz verbaut.

Im Innenraum sind Fichten- und Eichenholz verbaut.

Foto: Benjamin Westhoff

„Lillehus“ ist das Gegenteil eines modernen Großraumbüros – hinter den Wänden aus Lärche und Fichte herrscht Ruhe, durch das Dachfenster scheint Tageslicht in den Raum, es riecht nach Holz. Die Fugen des Eichenfußbodens folgen statt geraden Linien den Konturen des Baumstamms, und als Küchenmöbel dient ein aufgearbeiteter alter Werkzeugschrank.

Als „Denkanstoß“ hat die Bonner Künstlergruppe „Majala“ rund um Bildhauer Martin Schüssler das sechs Meter lange und 2,55 Meter breite Mini-Haus mit dänischem Namen gebaut und zuletzt auf der Kölner Büromöbelmesse Orgatec ausgestellt. „Gerade die großen Konzerne interessieren sich für Rückzugsräume, die ihre Mitarbeiter für kreative Leistungen nutzen können“, sagt Schüssler. Kontraste zur typischen Arbeitsplatzumgebung seien zunehmend gefragt.

Zwei Monate hat Schüssler gemeinsam mit seinen Künstlerkollegen Laura Massmann und Nils Müller an dem Mini-Haus auf Rädern gebaut. Ob es in Zukunft neben einer Konzernzentrale die Mitarbeiter inspirieren wird oder ob doch einer seiner Erbauer einzieht, ist noch unklar. „Es gibt für das Lillehus fast unendliche Nutzungsmöglichkeiten“, sagt Schüssler.

Strom durch Solarzellen

Das mobile Heim könnte sogar als autarker Wohnraum dienen: Den Strom erzeugen Solarzellen auf dem Dach, verschiedene Wasserspeicher versorgen Küche und Bad. Auch auf 13 Quadratmetern Wohnfläche muss der Lillehus-Bewohner nicht auf eine erstaunlich geräumige Dusche verzichten, und an der Wand hängt eine Mini-Waschmaschine, die drei Kilo Wäsche fasst. „Die habe ich bei einem koreanischen Hersteller im Internet gefunden“, sagt Schüssler. Außerdem ist das Bad mit einer Kompost-Toilette ausgerüstet, für die das Haus keinen Kanalanschluss benötigt. Für Wärme sorgt im Lillehus ein Holzofen, gekocht wird auf Gas.

Von anderen sogenannten Tiny Houses (siehe Infokasten), die in Deutschland von immer mehr Herstellern angeboten werden, will sich Schüssler durch eine streng ökologische Bau- und Funktionsweise abgrenzen. So haben die Künstler keine Spanplatten, sondern nur Massivholz innen und außen verwendet. Als Dämmung ersetzen Holzfasern das Styropor. Wo möglich werden Einrichtungsgegenstände aus gebrauchten Gegenständen recycelt. Den Wasserhahn hat Schüssler aus Kupferrohren zusammengesetzt. „Schwierig war es, unsere ökologischen Ansprüche mit dem zulässigen Höchstgewicht des Hauses zu vereinbaren“, sagt er. Wenn das fahrbare Eigenheim an der Pkw-Anhängerkupplung auf öffentlichen Straßen transportiert werden soll, darf es nicht schwerer als 3,5 Tonnen sein. „Während des Baus mussten wir regelmäßig zur Waage in der Nachbarschaft fahren“, sagt Schüssler, der beim Holzhausbau in Norwegen handwerkliche Erfahrungen gesammelt hat.

Kosten zwischen 60.000 und 70.000 Euro

Ganz günstig ist das mobile Mini-Haus allerdings nicht. Bei kompletter technischer Ausstattung rechnet Schüssler für das Lillehus mit einem Preis zwischen 60.000 und 70.000 Euro. Wer die eigenständige Technik nicht brauche und das Haus etwa an einen vorhandenen Stromanschluss anschließe, komme auf einen geringeren Preis, so Schüssler.

Er hält die Tiny Houses für einen Gegenentwurf zu der Entwicklung in den Großstadt-Zentren, wo Wohnraum immer teurer wird. In den Innenstädten von München und Berlin gebe es zum Beispiel Bauwagen-Siedlungen, so Schüssler.

Sein Dransdorfer Lillehus ist allerdings mehr als mobiler Wohnraum. Es sind die Details, in denen der Künstler seine Handschrift hinterlassen hat. Die Fichtenholzlatten im Innenraum hat Schüssler vor dem Einbau zu einer Fläche zusammengelegt und in seinem Atelier mit einem Bild bemalt. Im Wagen hat er sie dann in einer komplett neuen Anordnung montiert. „So entsteht aus einem Kunstwerk wieder ein ganz anderes Bild“, sagt er.

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