Konjunkturumfrage der IHK Bonn und Region leiden unter Mangel an Arbeitskräften

Bonn · In der Region Bonn Rhein-Sieg läuft die Konjunktur so gut, dass ein Mangel an Arbeitskräften zunehmend das weitere Wachstum behindert.

„Unsere Unternehmen erweisen sich allen internationalen Entwicklungen zum Trotz als äußerst robust“, sagte der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, Stefan Hagen, am Dienstag bei der Vorlage der neuen IHK-Konjunkturumfrage. Die Umfrage ergab sowohl für derzeitige Geschäftslage als auch die Zukunftserwartungen der Unternehmen so gute Werte wie seit sechs Jahren nicht mehr. Der IHK-Konjunkturklimaindikator, in der aktuelle Lage und Zukunftserwartungen zusammengefasst werden, von 121,4 Punkten zu Jahresbeginn auf jetzt 127,2 Punkte.

Die Stellenzahl in der Region werde in den kommenden Monaten weiter zunehmen. „Voraussetzung ist allerdings, dass die Unternehmen die gesuchten Fachkräfte auch finden und halten können“, sagte Hagen. Ein Großteil der neuen Arbeitsplätze werde bei Dienstleistungsunternehmen entstehen, die in der Region 90 Prozent aller Firmen stellen.

Den Unternehmen sei heute klar, dass sie aktiv werden müssen, um Nachwuchs zu gewinnen. „Hier hat ein Umdenken stattgefunden“, sagte Hagen. Firmen würden an Messen teilnehmen und Werbeaktionen veranstalten. Um Nachwuchs aus anderen Regionen Deutschland zu werben, in denen die Zahl der Bewerber die der angebotenen Stellen noch übersteigt, hält IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille für schwierig. Letztlich würde es zu einem Ausbluten von Regionen führen, in denen es der Wirtschaft nicht so gut gehen.

Gute Geschäftslage

Ausschlaggebend für die weitere Verbesserung des Klimas ist die verbesserte Einschätzung der derzeitigen Geschäftslage. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen bewertet diese mit gut, nur neun Prozent mit schlecht. Leicht verbessert schätzen die Unternehmen ihre Zukunftsaussichten ein. 31 Prozent erwarten eine Verbesserung der Geschäfte, weitere 57 Prozent gehen von einer konstanten Entwicklung aus. Damit wird erneut die Lage deutlich besser als die Aussichten bewertet.

„Dieser vorsichtige Optimismus zeigt, dass die Wirtschaft in der Region negative Auswirkungen von politischen Entscheidungen im In- und Ausland nicht ausschließt, aber es gibt aktuell keinen Grund zur Sorge“, sagte IHK-Präsident Stefan Hagen. Die Umfrage betrachtet die Erwartungen der kommenden zwölf Monate. In dieser Zeit werde nicht mit negativen Einflüssen durch den Austritt Großbritanniens aus der EU oder durch protektionistische Maßnahmen der USA gerechnet. Das führe zu vielen Investitionen. Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen plant seine Geschäfte auszubauen.

Lange Wunschliste

Auch in diesen guten Zeiten hat die IHK eine lange Wunschliste, was erste Maßnahmen einer neuen Landesregierung Nordrhein-Westfalens betrifft. Hagen erwartet Mut zu einer Wachstums- und Infrastrukturoffensive mit Investitionen bei Breitbandausbau, Verkehr und Flächen. Er ermunterte die Landespolitik, künftig mehr Projekte auf Vorrat zu planen: „Wir brauchen neben Modernisierungen des Bestandes auch den Neu- und Ausbau wie die Rheinquerung Wesseling oder die Planung der Südtangente.“ Häufig sei das Problem, dass Bundesmittel zurückgegeben werden müssten, weil das Land die Planung nicht rechtzeitig hinbekomme. Wenn Planungen für Projekte bereits in der Schublade liegen, könnten solche Situationen vermieden werden. So solle man beispielsweise bei der Südtangente verfahren. Ein flächendeckendes Problem sei, dass nicht genügend Planer zur Verfügung stehen und Stellen nicht besetzt sind. Kommunen und Land müssten deshalb. mehr Aufträge an private Firmen outsourcen.

„Die großen Arbeitgeber der Region machen sich Sorgen, was die Erreichbarkeit ihrer Arbeitsplätze betrifft“, meinte IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille. 70 Prozent ihrer Arbeitnehmer würden nicht in Bonn wohnen, sondern aus dem Umland kommen. Dem Wachstum der Firmen seien durch knappe Flächen Grenzen gesetzt. In den kommenden Jahren würden auch im Rhein-Sieg-Kreis die Gewerbeflächen knapp. „Unsere Unternehmen benötigen weitere Gewerbe- und Industrieflächen, wobei die regionale Zusammenarbeit ausgebaut werden muss“, so Hagen.

Hille fordert von der künftigen Landesregierung „mehr Luft für den Mittelstand durch den Abbau von Bürokratie und Belastungen für Unternehmen in NRW“. Er nannte als Beispiele das Tariftreue- und Vergabegesetz, die drohende Tourismusabgabe, die Einführung der Hygieneampel, den Freizeitlärmerlass oder die mangelnde Rechtssicherheit um Ladenöffnungszeiten im Einzelhandel an ausgewählten Sonn- und Feiertagen. Eine wichtige Aufgabe sei auch die Förderung der Digitalisierung von Wirtschaft und Unternehmen, die voran getrieben werden müsse – gerade auch in den Schulen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort