Insolvenzverfahren 570 Solarworld-Beschäftigte bangen um ihre Jobs

Bonn · Der Preisdruck der Billig-Konkurrenz aus China zwingt die Solarworld Industries GmbH fast ein Jahr nach dem Neustart erneut in die Knie. Die Bonner stellten beim Amtsgericht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Eine drastische Schrumpfkur, die Umwandlung in eine neue Rechtsform, ein leicht veränderter Firmenname und viel verbreiteter Optimismus beim Neustart – all das hat nichts geholfen. Solarworld, genauer gesagt die Solarworld Industries GmbH, die Firmengründer Frank Asbeck mit Geldgebern aus dem Emirat Katar aus der Insolvenzmasse der Solarworld AG herausgekauft hatte, ist erneut insolvent.

Die 570 der einst fast 3000 verbliebenen Beschäftigten in den Fabriken in Arnstadt (Thüringen) und Freiberg (Sachsen) sowie in der Firmenzentrale in Bonn (hier arbeiten noch 45 Mitarbeiter) bangen um ihre Jobs. Der vorläufige Insolvenzverwalter, der Bonner Rechtsanwalt Christoph Niering war am Mittwoch bereits in der Bonner Solarworld-Firmenzentrale, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Niering führt ab sofort gemeinsam mit Geschäftsführer Asbeck das operative Geschäft der Solarworld Industries GmbH einschließlich der vier ausländischen Vertriebsgesellschaften.

„Am heutigen Tag wurden bereits die Mitarbeiter am Standort Bonn und der Gesamtbetriebsrat über die aktuelle Situation informiert“, teilte Solarworld am Nachmittag mit. Für Donnerstag seien Mitarbeiterversammlungen und Betriebsratssitzungen an den Standorten Arnstadt und Freiberg terminiert. „Mir ist es wichtig, dass vor allem die Betriebsräte und Mitarbeiter zeitnah und durch mich persönlich informiert werden“ so der vorläufige Insolvenzverwalter. „Gemeinsam mit der Geschäftsführung wird versucht, das operative Geschäfts aufrecht zu erhalten und eine Fortführungslösung für die beiden Produktionsstandorte zu finden“, so Niering weiter. Damit scheint klar, dass die Gehälter zumindest für die nächsten drei Monate – wie in solchen Fällen üblich – gesichert sind.

2013 stand der Bonner Konzern schon einmal kurz vor der Pleite. Damals griffen die Aktionäre tief in die Tasche, um das Lebenswerk des Gründers Frank Asbeck zu retten. Sie verzichteten auf 95 Prozent ihrer Firmenanteile. Die Zahlungsunfähigkeit allerdings war nur aufgeschoben. Vier Jahre ging es für die Bonner noch weiter, ehe am 11. Mai 2017 das Unternehmen beim Amtsgericht Bonn den Insolvenzantrag einreichte. Rund 1200 Arbeitsplätze gingen allein in Sachsen und Thüringen verloren.

Produktpalette nach dem Neustart deutlich verkleinert

Die neue Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), an der der Firmengründer 51 Prozent und Qatar Solar 49 Prozent der Anteile hält, hat sich der kompletten Wertschöpfungskette entledigt und konzentriert sich auf die letzten Schritte der Produktion: die Herstellung von Zellen und von Modulen. Die Vorprodukte werden auch wegen des hohen Energiebedarfs bei der Fertigung nicht mehr selbst hergestellt, sondern zugekauft. Auch die Produktpalette war nach dem Neustart deutlich verkleinert worden. Noch zu Jahresbeginn hatte Solarworld mit einer steigenden Nachfrage nach Solarmodulen in der EU gerechnet. Das Unternehmen sprach sogar wieder von wachsenden Mitarbeiterzahlen. Doch die Realität holte die Bonner ein. Obwohl Solarworld aktuelle Wirtschaftszahlen seit der Umwandlung in eine GmbH nicht mehr nennt, gehen Branchenkenner davon aus, dass das Unternehmen mit Verlusten kämpft.

Nach Angaben der Brancheninitiative EU ProSun gibt es zurzeit noch mehr als 130 europäische Solarhersteller. Die Interessenvertretung europäischer Unternehmen macht vor allem den ihrer Ansicht nach unfairen Wettbewerb auf dem Weltmarkt für den Niedergang der europäischen Solarindustrie verantwortlich: „In der derzeitigen Situation, in der zahlreiche europäische Solarhersteller in die Insolvenz gehen und die EU-Industrie durch massive Subventionen und Preisdumping Chinas zerstört wird, besteht das unmittelbare Ziel von EU ProSun darin, die EU dazu zu bewegen, für faire Wettbewerbsbedingungen mit China zu sorgen“, heißt es auf der Internetseite. Ein anderer Teil der insolventen Bonner Solarworld AG ging an ehemalige Manager des Unternehmens. Der frühere Finanzvorstand Philipp Koecke übernimmt die Tochterfirma Solarparc gemeinsam mit deren Geschäftsführern Peter Schreier und Steffen Schmidt. Das Unternehmen mit Sitz in Bonn hat unter dem Dach der Solarworld AG vorwiegend Photovoltaik-, aber auch Windprojekte geplant, realisiert und betrieben.

Wie es mit dem verbliebenen amerikanischen Teil der alten Solarworld weitergeht, ist bislang nicht bekannt.

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