Kommentar Glückliche Niederlage

MÜNCHEN · Heute wird Siemens-Chef Joe Kaeser 57 Jahre alt. Aus einem Geburtstagsgeschenk ist im Fall von Alstom nichts geworden, oder doch?

Durchgesetzt hat sich beim Ringen um die französische Industie-Ikone zwar US-Erzrivale General Electric (GE). Aber der Triumph trägt Züge eines schwer verdaulichen Pyrrhussieges. Denn aus einer vermeintlich einfachen Übernahme des strategisch verlockenden Alstom-Energiegeschäfts ist ein kompliziertes Konstrukt mit Gemeinschaftsunternehmen geworden, über dem zudem eine direkte Staatsbeteiligung Frankreichs droht.

GE macht mit dem Deal gegenüber Siemens in Europa fraglos Boden gut. Einerseits. Andererseits ist Alstom ein Sanierungsfall, der am französischen Staat vorbei nun nicht saniert werden kann. Der verfolgt nationale Interessen und nicht Gewinnmaximierung als Ziel.

Gut für Alstom-Arbeitsplätze, schlecht für die GE-Marge und für Siemens die wohl glücklichste aller denkbaren Niederlagen. Schließlich haben die Münchner soeben einen groß angelegten Konzernumbau begonnen, der viel Unruhe bringt und vor allem ein Ziel verfolgt - mit Konkurrenten wie GE beim Geldverdienen wieder auf Augenhöhe zu kommen.

Das kann auf zwei Arten geschehen. Entweder möbelt Siemens die eigenen Geschäfte auf, was ohne Alstom leichter gelingen kann. Oder die GE-Profitabilität lässt nach, was mit Alstom eher wahrscheinlich ist. Für Siemens war Alstom keine strategische Notwendigkeit. Von Anfang an gab es im Haus gewichtige Stimmen, die dafür plädiert haben, GE eine Übernahme so teuer wie möglich zu machen, aber nicht in die Verlegenheit zu kommen, am Ende selbst zu übernehmen.

War das der Plan, ist er aufgegangen. Teuerer hätte es für GE kaum werden können. Das zielt weniger auf die finanzielle Komponente. Monetär war GE ohnehin krass im Vorteil. Der US-Riese hat auf Konten außerhalb der USA legal nahezu unversteuert zweistellige Milliardensummen gebunkert, die nach Anlagemöglichkeiten schreien. Dieser Steuervorteil gegenüber Siemens beträgt rund 30 Prozent.

So gesehen hatten die Münchner nie eine echte Chance. Um GE kräftig in die Suppe zu spucken, hat es aber gereicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort