Das Ende der kleinen Münzen EU schlägt Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen vor

Brüssel · Die EU-Kommission schlägt die Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen vor. Neu ist der Vorschlag nicht. Schon 2018 hatte die Brüsseler Behörde eine Erhebung präsentiert, die das schleichende oder abrupte Aus für die Münzen mit geringem Wert anregte.

 Die EU-Kommission schlägt die Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen vor.

Die EU-Kommission schlägt die Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen vor.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Dass Brüssel, wo Ursula von der Leyen seit einigen Wochen lebt, bereits auf die Präsidentin der EU-Kommission abgefärbt hat, dürfte wohl reine Spekulation sein. Die CDU-Politikerin wird allerdings bei der Vorstellung ihres Arbeitsprogramms für die nächsten Jahre einen Vorstoß übernehmen, der in Belgien seit Jahresanfang Gesetz ist: Beim Einkauf werden Cent-Beträge auf- oder abgerundet. Es sei denn, der Kunde zahlt mit einer Bank- oder Kreditkarte. Tatsächlich greift von der Leyen unter Punkt 48 jener Initiativen, die zur Entbürokratisierung beitragen sollen, ein besonders heißes Eisen auf: Sie möchte – wie in Belgien nun üblich – die Ein- und Zwei-Cent-Münzen überflüssig machen und legt dafür einen „Vorschlag für einheitliche Rundungsregeln“ vor.

Wirklich neu ist das nicht. Schon 2018 hatte die Brüsseler Behörde eine Erhebung präsentiert, die das schleichende oder abrupte Aus für die Münzen mit geringem Wert anregte. Bei einer noch früheren Bilanz 2013 stellte sich heraus, dass in den elf Jahren seit Einführung des Euros in den Mitgliedstaaten 46 Milliarden Ein- und Zwei-Cent-Münzen geprägt worden waren, deren Herstellung aber ein krasses Verlustgeschäft blieb: Die Differenz zwischen dem Nennwert der Geldstücke und den Produktions- und Ausgabekosten belief sich damals auf ein geschätztes Minus von 1,4 Milliarden Euro – alle elf Jahre zusammengerechnet.

Wirklich beliebt waren die kleinen Münzen nie. Finnland führte sie erst gar nicht ein, andere Länder wie die Niederlande gingen bald zum Auf- und Abrunden über. In zahlreichen weiteren Staaten ist das bargeldlose Bezahlen längst deutlich weiter verbreitet als in der Bundesrepublik. Anfang dieses Jahres stellte die Volksbank Jever die Belieferung der Geschäfte auf der Insel Wangerooge mit den kleinen Münzen ein, weil Transport, Lagerung, Lieferung, Echtheitsprüfung und das Verpacken der Münzen mehr kosten, als eine Rolle mit 50 Geldstücken überhaupt wert ist. Abgeschafft wurde das Geld natürlich nicht, das könnte auch die Europäische Kommission nicht. Dazu bedürfte es eines Beschlusses der nationalen Notenbanken. Und auch die Europäische Zentralbank (EZB) hat ein Wörtchen mitzureden.

Bei kleinen Beträgen greife der Kunde aber weiterhin in seine rechte Hosentasche

Das Thema dürfte vor allem in Deutschland hohe Wellen schlagen. Der finanzpolitische Experte der CSU im Europäischen Parlament, Markus Ferber, sprach bereits den wunden Punkt der Bundesbürger an: „Es darf hier keinesfalls der Einstieg in den Bargeldausstieg vorbereitet werden“, sagte er mit Bezug auf das Arbeitsprogramm der EU-Kommission. Eben diese Diskussion war schon 2016 mit ungewohnter Heftigkeit aufgebrochen. Damals hatten die EZB und die Euro-Finanzminister den 500-Euro-Schein abgeschafft – unter anderem nach Warnungen der Europäischen Polizeizentrale Europol, wo Experten zu der Erkenntnis gelangt waren, dass „große Scheine oft der Geldwäsche dienen“. Wolfgang Schäuble, zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch Bundesfinanzminister, sah sich gezwungen klarzustellen: „Niemand hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen.“ Allerdings scheint die treibende Kraft hinter der verblassenden Bedeutung des Bargeldes weniger Banken oder Handel, sondern der Verbraucher selbst zu sein.

Das Handelsforschungsinstitut EHI präsentierte im Mai vergangenen Jahres eine Untersuchung, wonach in Deutschland beim Einkauf im Geschäft vor Ort erstmals mehr Geld per Giro- und Kreditkarte ausgegeben wurde als in bar. Bei kleinen Beträgen greife der Kunde aber weiterhin in seine rechte Hosentasche, wo – so zeigte eine weitere Studie vor einigen Jahren – vor allem der Mann seine Münzen mit sich herumträgt.

Der Vorstoß der Kommission dürfte zumindest ein Anstoß für eine breite Diskussion sein. In Brüssel wurde am Dienstag spekuliert, dass man es am Ende den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werde, ob die Ein-und Zwei-Cent-Münzen noch eine Zukunft haben. Im Internet kursieren Tipps, wie man beim Einkauf sparen kann – beispielsweise, indem man bei einem Betrag, der aufgerundet wird, die Bankkarte herausholt. Denn dann wird auf den Cent genau abgerechnet.

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