Partei droht mit Revolte Premierministerin May: Brexit-Deal fast fertig

London/Brüssel · Das Brexit-Abkommen steht zu großen Teilen - aber beim heikelsten Punkt gibt es noch keinen Fortschritt. Der Druck auf Premierministerin May wächst.

 Die britische Premierministerin Theresa May gibt im Unterhaus in London eine Erklärung zum Gipfel des Europäischen Rates ab.

Die britische Premierministerin Theresa May gibt im Unterhaus in London eine Erklärung zum Gipfel des Europäischen Rates ab.

Foto: PA Wire

Das sagte May im Londoner Parlament. Sie rief den Abgeordneten zu: "Wir müssen unsere Nerven behalten." Innerhalb ihrer eigenen Partei nimmt der Druck der Brexit-Hardliner auf May zu. Sie drohen ihr mit einer Revolte. Auf scharfe Kritik stießen aggressive Äußerungen mancher Tories. So erklärten nicht namentlich genannte Politiker in Medien, May betrete die "Todeszone".

Wann die Brexit-Verhandlungen fortgesetzt werden, ist nach Angaben der EU-Kommission unklar. Noch sei kein neues Treffen zwischen Brexit-Minister Dominic Raab und EU-Unterhändler Michel Barnier angesetzt, sagte ein Sprecher in Brüssel. Man warte darauf, dass London wieder in die Verhandlungen einsteige.

Es sei zwar richtig, dass der Austrittsvertrag zum größten Teil fertig sei, sagte der Sprecher. Doch fehle noch die entscheidende Einigung über die von der EU geforderte Garantie für offene Grenzen in Irland , den sogenannten Backstop. Konkret schlägt die EU vor: Solange keine andere Lösung gefunden wird, soll Nordirland - anders als das übrige Vereinigte Königreich - in der EU-Zollunion bleiben und zahlreiche Regeln des Binnenmarkts übernehmen.

Das lehnt May weiter strikt ab. Dieser Backstop sei für sie nicht akzeptabel, da er in der Irischen See zu einer Zollgrenze - zwischen Großbritannien und dem Landesteil Nordirland - führen würde. "Ich denke nicht, dass irgendein britischer Premierminister das jemals akzeptieren könnte. Ich werde das sicherlich nicht tun", sagte May.

Sowohl London als auch Brüssel wollen zwar Kontrollen und Schlagbäume an der künftigen EU-Außengrenze zwischen der EU-Republik Irland und dem britischen Nordirland vermeiden. Denn sie befürchten, dass ansonsten wieder Unruhen in der Ex-Bürgerkriegsregion aufflammen könnten. Doch sind sie uneins über die Lösung. Der Streit blockiert die Gesamteinigung auf ein Austrittsabkommen.

Eine Verlängerung der geplanten 21 Monate langen Übergangsphase nach dem Brexit sei "unerwünscht" und käme nur als Alternative für den Backstop infrage, sagte May weiter. Eine solche Verlängerung hatte die EU ins Gespräch gebracht, um mehr Zeit für eine Regelung zu haben. Großbritannien will Ende März 2019 die EU verlassen.

Die kommenden Tage könnten zu den schwierigsten in Mays Amtszeit als Regierungschefin gehören, hieß es in britischen Medien. May musste nach Angaben der Zeitung "Telegraph" am Wochenende zwei Telefonkonferenzen mit Kabinettsmitgliedern führen, um mehr Unterstützung für ihre Brexit-Pläne zu bekommen.

Die politisch angeschlagene Premierministerin steht unter starkem Druck von mehreren Seiten. Einzelne Tories griffen May am Wochenende in Medien massiv an und drohten, ihr das Misstrauen auszusprechen. Kommen genügend Unterzeichner eines "Misstrauenbriefs" zusammen, könnten die Parlamentarier eine Neuwahl der Parteispitze erzwingen.

Weitere Infos

  • Wenn dieser Tage erneut über den britischen EU-Austritt abgestimmt werden würde, käme es einer neuen EU-Umfrage zufolge nicht zu einem Brexit. Jeder zweite Brite (51 Prozent) würde zurzeit für einen Verbleib des Landes in der EU stimmen. 34 Prozent der Befragten würden demnach nach wie vor für den Austritt aus der Staatengemeinschaft votieren, 11 Prozent wären unentschlossen.

Zugleich hält mehr als die Hälfte der Briten (54 Prozent) die Brexit-Entscheidung für falsch. 38 Prozent der Befragten antworten auf die Frage, ob das Votum richtig gewesen sei, hingegen mit "Ja".

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