Kritiker erzielen Teilsieg Ceta kurz vor dem Ziel

Brüssel · Das zähe Ringen um das Handelsabkommen Ceta mit Kanada nähert sich wohl dem Ende. Das widerstrebende Belgien kann dem Pakt nun doch zustimmen. Letzte formale Hürden bleiben aber noch.

 Der Streit um das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta ist beigelegt.

Der Streit um das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta ist beigelegt.

Foto: Maurizio Gambarini/Illustration

Nach heftigen Kontroversen kann der europäisch-kanadische Handelspakt Ceta wohl doch in Kürze unterzeichnet werden. Vertreter von Föderalregierung und Regionen in Belgien fanden nach tagelangen Krisenverhandlungen eine Einigung zu umstrittenen Punkten.

Das teilte Belgiens Premier Charles Michel mit. Kurz zuvor war der geplante EU-Kanada-Gipfel geplatzt , auf dem das Abkommen eigentlich unterzeichnet werden sollte.

Vor allem die belgische Region Wallonie hatte sich bis zuletzt gegen Ceta gesperrt. Ohne das Einverständnis der gerade mal 3,6 Millionen Einwohner zählenden Wallonie hätte die belgische Regierung die Unterzeichnung des Abkommens verweigern müssen, was letztlich das Aus für Ceta hätte bedeuten können. Damit es in Kraft treten kann, müssen es alle 28 EU-Staaten unterzeichnen.

Der belgische Sender RTBF stellte ein Dokument der tagelangen Verhandlungen zwischen der belgischen Regierung, Regionalvertretern und der EU-Kommission ins Internet. Es schien authentisch, der belgische Außenminister Didier Reynders verbreitete es im Kurznachrichtendienst Twitter weiter.

In diesen Zusatzerklärungen zum bereits seit längerem fertig ausgehandelten Abkommen zwischen der EU und Kanada findet sich unter anderem der Hinweis, dass Belgien beim Europäischen Gerichtshof noch ein Gutachten einholen werde. Darin soll die Vereinbarkeit des in Ceta vorgesehenen Schiedsgerichtssystems mit EU-Recht beurteilt werden.

"Das, was wir erreichen konnten, (ist) wichtig für die Wallonen und für die Gesamtheit der Europäer", sagte der wallonische Regierungschef Paul Magnette. Er habe Gehör gefunden.

Die Regionalvertreter hatten zudem ein Veto eingelegt, weil sie wie andere Ceta-Kritiker Gefahren etwa für Sozial- und Umweltstandards und die Landwirtschaft sahen.

Die EU-Kommission und die Regierungen der EU-Staaten widersprechen solcher Kritik vehement. Sie betonen, dass die europäischen Standards in Bereichen wie Lebensmittelsicherheit und Arbeitnehmerrechte uneingeschränkt gewahrt werden. Das Abkommen stellt aus ihrer Sicht auch sicher, dass die wirtschaftlichen Vorteile nicht auf Kosten der Demokratie gehen.

Die Botschafter der EU-Staaten akzeptierten den belgischen Ceta-Kompromiss noch am Abend, wie EU-Diplomaten bestätigten. Die 28 Botschafter nahmen das Ceta-Abkommen sowie mehrere Zusatzdokumente im Paket an. Die Regierungen der EU-Staaten müssen die Grundsatzentscheidung nun noch im schriftlichen Verfahren bestätigen. Dies soll bis Mitternacht in der Nacht von Freitag auf Samstag geschehen. Verschiedene belgische Parlamente sollen bis dahin ebenfalls noch Stellung beziehen.

Die ursprünglich für Donnerstagnachmittag geplante feierliche Unterzeichnung durch die EU und Kanada wurde auf unbestimmte Zeit vertagt . Kanadas Premier Justin Trudeau hatte seine Anreise bereits abgesagt. "Kanada bleibt bereit, diese wichtige Vereinbarung zu unterschreiben, wenn Europa bereit ist", sagte ein Sprecher der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland der Deutschen Presse-Agentur.

EU-Ratspräsident Donald Tusk bezeichnete die belgische Einigung als "gute Neuigkeiten". "Sobald alle Verfahren z. Unterzeichnung von Ceta durch EU beendet sind, kontaktiere ich Justin Trudeau", schrieb Tusk im Kurznachrichtendienst Twitter.

Zuvor hatte Tusk noch eindringlich vor einem Scheitern gewarnt. Kanada sei "das europäischste Land außerhalb Europas und ein enger Freund und Verbündeter", hatte er vor dem Europaparlament gesagt.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) begrüßte den "Durchbruch" in Belgien. Die Bedenken der Bürger zu respektieren, Kompromissbereitschaft und etwas Geduld seien entscheidend gewesen, sagte er.

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