Sechs Wochen nach Amokfahrt Bombe am Times Square: Anschlagsversuch erschreckt New York

New York · Erst vor sechs Wochen hatte ein Terroranschlag mit acht Toten New York schockiert. Nun sollte wohl ein weiterer folgen. Bei einer Explosion in Manhattan, zur Hauptverkehrszeit am Morgen, werden vier Menschen verletzt. Aber die Stadt lässt sich nicht einschüchtern.

Nirgendwo ist New York belebter als unterhalb der 42nd Street. Ein Tunnel verbindet Port Authority, den meistgenutzten Busbahnhof der Welt, mit Times Square, der meistgenutzten U-Bahn-Station der Millionenmetropole.

Fast 70 Millionen Menschen pro Jahr drängeln sich unter der 42nd Street durch. Auch am Montagmorgen mitten zur Hauptverkehrszeit wuseln Pendler und Touristen durch die Stationen, als plötzlich eine Explosion zu hören ist.

Kurz darauf ist die Gegend weiträumig abgesperrt, in dem abgesperrten Gebiet liegen unter anderem mehrere Broadway-Theater, das Hauptgebäude der "New York Times" und das Wachmuseum "Madame Tussauds", dazu Dutzende Läden, Restaurants, Hotels und Cafés. Polizeiwagen, Feuerwehrautos, Rettungswagen. Über dem teilweise gesperrten Busbahnhof kreisen Hubschrauber, die Eingänge zur U-Bahn-Station sind mit bunten Bändern versperrt. Polizisten halten Schaulustige, die mit Handys an die Absperrungen drängen, in Schach.

Die Explosion sei ein versuchter Terroranschlag gewesen, sagt New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio zeitgleich auf einer Pressekonferenz um die Ecke. De Blasio und Gouverneur Andrew Cuomo hatten sich zuvor am Anschlagsort ein Bild der Lage gemacht. Ein 27 Jahre alter Mann soll versucht haben, sich mit Hilfe einer vermutlich selbstgebauten Bombe in die Luft zu sprengen. Der Mann und drei Passanten wurden verletzt, keiner von ihnen lebensgefährlich.

"Ich habe nichts gehört", sagt der Verkäufer in einem kleinen Supermarkt einen Straßenblock vom Busbahnhof entfernt. "Ich sah nur auf einmal sehr viele Menschen aus den U-Bahn-Stationen strömen und die Straße entlang laufen, aber es lief alles sehr geordnet ab."

Die Ostseite des Busbahnhofs ist komplett gesperrt. In den Auslagen vieler Läden blinkt zwar die Weihnachtsdekoration, aber die Geschäfte bleiben geschlossen, vor den Türen sind Rollläden heruntergezogen. Ein Schuster auf der ersten Etage durfte seinen Laden offenlassen, Kunden kommen keine. "Ich habe nichts mitbekommen, nichts gehört, auf einmal wurde um mich herum alles abgesperrt", sagt er. "Jetzt werde ich ein schlechtes Geschäft machen heute, das ärgert mich."

New York sei ein Symbol für Freiheit und Demokratie, sagt Gouverneur Cuomo bei der Pressekonferenz. Das mache die Stadt aber auch zum Anschlagsziel. "Das ist die Realität New Yorks." Erst vor rund sechs Wochen waren bei einem Terroranschlag mit einem Kleinlaster im Südwesten Manhattans acht Menschen ums Leben gekommen und elf verletzt worden.

Polizeipräsident James O'Neill fügt aber auch hinzu: "Das hier ist New York. Wir leben nicht in Angst." Und so herrscht in der Millionenmetropole dann auch schon kurz nach dem Anschlagsversuch Alltag: Pendler drängeln zur Arbeit, Touristen fotografieren bei eisigen Temperaturen und strahlend blauem Himmel die weihnachtlich dekorierte Stadt.

Auch an einem Kiosk mit Kaffee und Backwaren direkt an einem Eingang zur U-Bahn-Station Times Square geht das Alltagsgeschäft weiter. "Ich sah die Menschen aus der Station strömen und hatte kurz ein bisschen Angst", sagt der Verkäufer. "Dann hat mich meine Ex-Frau angerufen und gefragt, ob es mir gut geht - meine Ex-Frau, mit der ich seit Jahren nicht mehr gesprochen haben! Das hat mich dann schon wieder zum Lachen gebracht." Ein Kunde nimmt sein Wechselgeld entgegen und lacht mit. "Siehst du", sagt der Verkäufer, "jetzt habe ich dich auch wieder zum Lachen gebracht. Mach's gut - und bleib vorsichtig da draußen."

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