Stefanie Stappenbeck: "Ich bin froh, dass ich dabei sein durfte"

Die Schauspielerin zum Film "Pizza und Marmelade", zu ihrem Image und zu ihrer Branche

Unlängst bekam ihr Geschichtsdrama "Die Wölfe" den US-Fernsehpreis Emmy. Ihr "Polizeiruf"-Auftakt wurde von Publikum und Kritik begeistert aufgenommen. Nun ist Stefanie Stappenbeck mit einem ungewöhnlichen Film über Liebe und sozialen Absturz, "Pizza und Marmelade", zu sehen. Mit der Schauspielerin sprach Rainer Tittelbach.

General-Anzeiger: Man sah Sie gerade in einem der besten Krimis in diesem Jahr, jetzt noch dieser magische Liebesfilm?

Stefanie Stappenbeck: Das wäre ja schön! Es sind tatsächlich zwei sehr gute Filme - und ich bin froh, dass ich dabei sein durfte.

GA: Wann wussten Sie, dass es sich bei "Pizza und Marmelade" um etwas Besonderes handelt?

Stappenbeck: Das war mir ziemlich schnell klar. Und als ich dann beim Casting Oliver Dieckmann kennenlernte, spürte ich, dass hier ein Regisseur mit viel Herzblut und Engagement bei der Sache ist und für seine Figuren kämpft und eintritt. Ich finde nur den Titel nicht passend für den Film. Das klingt zu harmlos und ein bisschen zu sehr nach Komödie.

GA: Der Film hat wenig Dialog. Mir scheint, Sie mögen das?

Stappenbeck: Stimmt. Eine meiner tollsten Rollen auf der Bühne, die behinderte Anita in Tankred Dorsts "Herr Paul", war völlig ohne Text. Auch und gerade beim Film habe ich nichts dagegen, wenn der Regisseur beim Dialog den Rotstift ansetzt. Ich finde unmotiviertes Gequatsche einfach nur nervig.

GA: "Pizza und Marmelade" besticht durch eine großartige Optik.

Stappenbeck: Das hat man auch schon beim Drehen gemerkt. Der Kameramann hat mit solchen anamorphischen Objektiven gearbeitet. Die sind riesengroß und erzeugen ein spezielles Breitwandbild. Drei dieser Bilder werden dann auf ein normales Filmbild gelegt - oder so ähnlich (lacht). Wir hatten auf jeden Fall die fettesten Objektive am Start. Man hat immer gespürt, dass hier einer was richtig Gutes machen möchte. Ich finde auch, dass der Film nicht aussieht wie normales Fernsehen.

GA: Wie würden Sie Ihre Lucia charakterisieren?

Stappenbeck: Sie ist eine Frau, die einen Schicksalsschlag erlitten hat, nicht an ihm zerbrechen will und deshalb versucht, sich dem Leben und den Menschen langsam wieder zu öffnen.

GA: Der Film steckt voller sozialer Tragik und besitzt doch etwas Hoffnungsvolles.

Stappenbeck: Das finde ich auch. Der Film erzählt unheimlich warmherzig - und er zeigt, dass im Aufeinanderzugehen die Chance liegt: Jeder Einzelne hat Unsicherheiten, Kummer und Dramen und fühlt sich oft verloren und einsam, aber wenn wir einander mit offenem Herzen begegnen, wird es uns leichter fallen, über all das hinwegzukommen. Das klingt vielleicht etwas abgedroschen. Diese "Botschaft" trifft auch auf viele Kitschfilme zu - aber da zeigt es sich wie so oft: auf das WIE kommt es an!

GA: Was sagen Sie zum sozialen Absturz, den die männliche Hauptfigur im Film erlebt?

Stappenbeck: Als der Film entwickelt wurde, gab es natürlich auch schon Probleme mit Arbeitslosigkeit, aber wie der Film jetzt den Nagel auf den Kopf trifft - das ist schon verrückt. Jetzt, wo auf einmal sogar der so sicher geglaubte Arbeitsplatz bei Opel in Gefahr ist. Kurzum: der richtige Film zur richtigen Zeit.

GA: Dieser soziale Absturz ereilt auch Ihre Branche. Kennen Sie Kollegen, denen es nicht so gut geht?

Stappenbeck: Sicher, natürlich kenn ich die. Es wird einfach weniger gedreht. Man erkennt die Krise in meiner Branche unter anderem daran, dass immer mehr hochkarätige Schauspieler, die man früher nur in Hauptrollen gesehen hat, plötzlich in kleinen Rollen auftauchen. Es geht schon eine gewisse Angst um.

GA: Sie selbst kennen diese Angst nicht?

Stappenbeck: Doch, auch! Aber ich habe in den letzten Jahren immer mehr so eine Art Gottvertrauen entwickelt. Und sollte ich eines Tages keine Filme mehr drehen können, wird irgendetwas anderes auf mich zukommen, das gut ist.

GA: Sie haben das Image der "Süßen". Versuchen Sie, davon wegzukommen?

Stappenbeck: Das mache ich jetzt ja gerade mit Rollen wie der im "Polizeiruf" oder auch in "Pizza und Marmelade". Ich habe früher unter diesem "jugendlich" und "süß" viel mehr gelitten. Es normalisiert sich langsam. Ich glaube, ich werde gut altern und dann immer noch hoffentlich frisch sein und vielleicht auch noch ein bisschen süß, aber auch erwachsen und fraulich.

Pizza und Marmelade, 20.15 Uhr, ARD

Zur PersonStefanie Stappenbeck, am 11. April 1974 in Potsdam geboren, wurde bereits mit elf Jahren für "Die Weihnachtsgans Auguste" entdeckt. Ihr Karriereweg führte sie über namhafte deutsche Bühnen zu Ausnahmerollen in Film und Fernsehen wie "Dunkle Tage", "Die Manns" oder "Barfuß". Zurzeit ermittelt sie für den Münchner "Polizeiruf 110".

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