Fall UBS Welches Bundesland darf nun die Strafen kassieren?

BERLIN · Ende Juli wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Bochum ihre Ermittlungen gegen die Schweizer Großbank UBS wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen ein Rekordbußgeld von 302,4 Mio. Euro eingestellt hat.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans frohlockt: Bußgelder der Schweizer Großbank UBS wandern direkt in den Landeshaushalt. Auch Baden-Württemberg würde gern profitieren.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans frohlockt: Bußgelder der Schweizer Großbank UBS wandern direkt in den Landeshaushalt. Auch Baden-Württemberg würde gern profitieren.

Foto: dpa

Das Landgericht Bochum verhängte eine Geldbuße von einer Million Euro und schöpfte 301,4 Mio. Euro an Gewinnen ab, die die UBS mit den Geschäften mit deutschen Steuersündern zwischen 2003 und 2012 gemacht hatten. NRW frohlockte, das Geld fließt in den chronisch klammen Landeshaushalt.

Die Nachricht von der Einigung an der Ruhr sorgte bei Eingeweihten im Südwesten für Befürchtungen. Auch im Südwesten ist ja ein großes Verfahren gegen die UBS wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung anhängig. Die Sorge lautet: Geht der Südwesten jetzt leer aus? Waren die Ermittler in NRW womöglich fixer und haben für die dortige Landeskasse viel Geld herausgeschlagen, wovon Baden-Württemberg etwas hätte abbekommen können?

Die Gerüchte wurden von interessierter Seite genährt. So war zu hören, es habe ein "Gerangel" zwischen den Mannheimer und Bochumer Staatsanwälten in der Sache gegeben. In NRW hieß es, die Bochumer Ermittler hätten immer wieder versucht, die Mannheimer für gemeinsame Ermittlungen gegen die UBS zu gewinnen. Der Frust aus NRW klingt bis heute nach: "Wir haben aus Mannheim nicht einmal eine Eingangsbestätigung unserer Schreiben in der Sache bekommen." Ja, sogar NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) persönlich habe sich für eine Zusammenarbeit stark gemacht. Vergeblich.

Recherchen dieser Zeitung ergaben: Der Südwesten kann einigermaßen gelassen sein und die Spezialisten von Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft in Mannheim in Ruhe ihre Arbeit tun lassen. Insider gehen davon aus, dass das Mannheimer Verfahren gegen die UBS am Ende für Baden-Württemberg ebenfalls einen hohen Millionenbetrag einspielen wird.

Juristisch liegen die Dinge so: In einem Rechtsstaat darf niemand wegen ein und derselben Sache zwei Mal belangt werden. Der Bußgeldbescheid aus Bochum liegt mittlerweile bei der Staatsanwaltschaft in Mannheim vor. Sie muss nun prüfen, ob mit der Geldbuße und der Gewinnabschöpfung aus NRW auch die Beihilfe zur Steuerhinterziehung, der die Mannheimer Ermittler auf der Spur sind, abgegolten ist. Wenn das so ist, wären den Mannheimer Ermittlern tatsächlich die Hände gebunden. Der Südwesten würde leer ausgehen.

Offiziell halten sich die Mannheimer Ermittler bedeckt: Staatsanwalt Andreas Grossmann sagte im Gespräch mit dieser Zeitung: "Das bei der Staatsanwaltschaft Mannheim anhängige Verfahren ist nach wie vor im Gange". Zu gegebener Zeit werde geprüft, "ob und in welchem Umfang eine Unternehmensgeldbuße mit Abschöpfungsanteil zu beantragen ist". Hinter vorgehaltener Hand werden andere deutlicher: Es handele sich "um ganz andere Kunden" in Bochum und Mannheim. In Mannheim bestätigt man zudem, dass es sehr wohl einen Austausch mit den Ermittlern in Bochum gegeben habe. Man habe aber "keinen Weg gefunden", gemeinsam zu ermitteln.

Es spricht viel dafür, dass die Ermittlungsverfahren in Bochum und Mannheim "keine Berührungspunkte" haben, wie aus Ermittlerkreisen verlautete. So unterscheidet sich die Variante der Steuerhinterziehung: Die Ermittler in NRW hatten herausgefunden, dass deutsche Kunden Geld am Fiskus vorbei angelegt haben, indem sie es bei angeblichen Stiftungen oder in Lebensversicherungsmänteln geparkt haben.

Die Ausschüttungen, also die Zinsen, haben sie dann offenbar teils oder ganz dem deutschen Fiskus verschwiegen. Die Bochumer Ermittler waren dabei auf große Anlagesummen gestoßen: 2003 hatten deutsche Kunden so 7,42 Milliarden Franken bei der UBS angelegt, 2007 sogar 65,3 Milliarden Franken. Anhand dieser Anlagebeträge hat das Landgericht Bochum dann die Höhe der abzuschöpfenden Gewinne festgelegt.

Beim Mannheimer Verfahren lagen die Dinge anders. Da gehen die Ermittler davon aus, dass die UBS deutschen Kunden geholfen hat, Geld in die Schweiz zu transferieren und dabei die Vorschriften für Auslandsüberweisungen zu umgehen. Anstatt den korrekten Weg zu wählen, wanderte das Geld über ein Verrechnungskonto der deutschen UBS-Niederlassung in die Schweiz, die Anleger haben den deutschen Fiskus um die Steuern auf die Zinserträge betrogen.

Südwest-Finanzminister Nils Schmid (SPD) darf also weiter auf einen Geldsegen von der UBS hoffen. Aus Südwest-Sicht wäre eine Gewinnabschöpfung im Mannheimer UBS-Fall noch aus einem anderen Grund besonders interessant: Bußgelder sind nämlich vor dem Länderfinanzausgleich sicher. Das UBS-Geld würde also tatsächlich im Landeshaushalt landen und nicht irgendwo im Rest der Republik versickern.

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