Übersicht Was die Koalition bei der Rente zunächst plant

BERLIN · Verzicht auf Beitragssenkung soll 7,5 Milliarden Euro bringen. Verbesserung der Mütterrente und der abschlagsfreien Rente ab 63 Jahre

 Sozialpolitischer Ansatz: Die große Koalition plant Verbesserungen für Rentner.

Sozialpolitischer Ansatz: Die große Koalition plant Verbesserungen für Rentner.

Foto: dpa

Die große Koalition beginnt ihre Rentenpläne mit einem Kunstgriff: Damit die Mütterrente wie geplant verbessert werden kann, soll der Rentenbeitrag nicht gesenkt werden, was eigentlich fällig wäre. Dazu allerdings bedarf es eines Gesetzes, das schon zu Beginn des kommenden Jahres gelten müsste. Dafür fehlt jedoch die Zeit.

In einem ersten Schritt will die Koalition den Gesetzentwurf heute in den Bundestag einbringen, demzufolge der Beitrag bei 18,9 Prozent belassen werden soll. Die große Koalition will mit der ersten Lesung des Gesetzentwurfes ihren Willen demonstrieren, den Beitragssatz stabil zu halten, damit sich die Rentenversicherung noch vor dem Jahreswechsel darauf einstellen kann. Endgültig beschlossen werden soll die Novelle erst im kommenden Jahr.

Union und SPD erhoffen sich von dem geplanten Verzicht auf die Beitragssenkung in der Rentenversicherung 2014 Mehreinnahmen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro.

Nach derzeitiger Rechtslage müsste der Beitragssatz zum Jahreswechsel wegen der prall gefüllten Rentenkasse auf 18,3 Prozent sinken. Eine Beitragsabsenkung ist für den Fall vorgeschrieben, dass die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung das anderthalbfache einer Monatsausgabe überschreitet. Dies wird zum Jahresende der Fall sein.

Mit Einnahmen, die erhalten bleiben, sollen Verbesserungen finanziert werden: Sowohl die Aufwertung der Erziehungszeiten für Frauen, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, als auch die abschlagsfreie Rente für langjährige Beitragszahler sollen bereits von kommendem Sommer an gelten. Die neue Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) wird sich beeilen müssen, um diesen ehrgeizigen Zeitplan einzuhalten.

Die Deutsche Rentenversicherung zweifelt daran, dass sich die Mütterrente so schnell berechnen lässt, denn neun Millionen Rentenbescheide müssen geändert werden. Erziehungszeiten von vor 1992 geborenen Kindern sollen mit einem zusätzlichen Rentenpunkt belohnt werden. Bei zwei Kindern soll dies ein Plus von etwa 650 Euro jährlich bringen. Die Kosten werden auf 6,5 Milliarden Euro pro Jahr beziffert.

Unklar ist bislang noch, wer in den Genuss der abschlagsfreien Rente mit 63 kommen wird. Laut Koalitionsvertrag sollen 45 Beitragsjahre die Voraussetzung dafür sein, wobei aber auch Zeiten der Arbeitslosigkeit angerechnet werden. Experten warnen, dass damit rund jeder zweite Mann von dem neuen Frührentenprogramm profitieren könnte; bei den Frauen wären es allerdings aufgrund der Familienphasen sehr viel weniger. Parallel zur Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 soll die Untergrenze für die abschlagsfreie frühere Rente auf 65 Jahre angehoben werden. Die Neuregelung kostet nach Expertenschätzungen 3,5 bis 4,5 Milliarden Euro.

Auch die Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sollen schon im Sommer in Kraft treten. Sie sollen auch aus den Beitragsmitteln der Rentenversicherung finanziert werden. Um die Bezieher von Erwerbsminderungsrente besser zu stellen, wird die rentensteigernde Zurechnungszeit vom 60. auf das 62. Lebensjahr ausgedehnt. Das soll den Betroffenen monatlich rund 50 Euro mehr bringen. Die Erwerbsminderungsrente bekommen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können. Langfristig dürfte dies die Beitragszahler knapp zwei Milliarden Euro mehr kosten.

Mehr Zeit will sich die große Koalition dagegen mit der "solidarischen Lebensleistungsrente" lassen. Sie soll Geringverdiener vor Altersarmut bewahren. Vorgesehen ist, ab 2016 langjährig versicherten Geringverdienern die Rentenansprüche auf 850 Euro aufzustocken. Diese sollen ab 2017 jene bekommen, die 40 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt und vorgesorgt haben, aber nicht auf 30 Rentenentgeltpunkte kommen. Für die Aufstockung sollen die Steuerzahler aufkommen. Die Kosten belaufen sich auf etwa drei Milliarden Euro. mah/dpa

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