Vorwahlen in Frankreich Vorentscheidung für den Elysée-Palast

Paris · François Fillon schlägt Nicolas Sarkozy bei den Vorwahlen der Republikaner in Frankreich. Sarkozys Traum, noch einmal Präsident zu werden, ist damit geplatzt.

Am Ende eines langen Wahltages überwältigten Nicolas Sarkozy die Emotionen. Tränen blitzten in seinen Augen auf, als er am Sonntagabend mit einem wehmütigen Lächeln erklärte, er „respektiere und verstehe“ die Wahl seiner Parteianhänger für die Zukunft. Sie sei auf andere Politiker gefallen als ihn. Mit nur 20,6 Prozent der Stimmen erreichte der 61-Jährige, der so gerne nochmals Präsident geworden wäre, bei den Vorwahlen der konservativen Republikaner nur den dritten Platz. In der Stichwahl am Sonntag stehen sich sein früherer Premierminister François Fillon und Ex-Premier Alain Juppé gegenüber.

Dass Fillon, der lange Unterschätzte, mit 44,1 Prozent vor dem eigentlichen Favoriten Juppé mit nur 28,6 Prozent in das Duell einzieht, ist die eine Überraschung. Die zweite besteht in der hohen Beteiligung von gut vier Millionen Franzosen, die in dem Votum wohl bereits eine Vorentscheidung der Präsidentschaftswahl im April und Mai 2017 sahen. Die dritte ist der krachende Absturz Sarkozys. Er werde sich künftig mehr seinen „privaten Leidenschaften“ hingeben, sagte er.

Damit markierte das Ende dieses Wahltages wohl auch den Abschluss der langen Politiker-Karriere eines Mannes, der mehr Energie und rhetorisches Talent mitbrachte als seine Rivalen. Der aber auch stärker polarisierte, provozierte und viele abstieß mit seiner Kampagne, die mit Themen um Einwanderung und Identität auf die Anhänger der extremen Rechten abzielte. Zwar präsentierte sich Sarkozy als Vertreter des einfachen Volkes gegen „diese wohlmeinende Elite“ – zugleich blieb er als „Präsident Bling-Bling“ mit einer unverhohlenen Faszination für die Reichen und Schönen in Erinnerung. So wurde diese Kandidatenkür auch zu einer Anti-Sarkozy-Wahl: Das von ihm beschworene Volk hat sich gegen ihn entschieden, dem mehrere Skandale anhängen – von Korruptionsvorwürfen bis zum Verdacht der Wahlkampffinanzierung 2007 durch Libyens Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi. Es könnte sogar zu Prozessen kommen. „Wer hätte sich vorstellen können, dass gegen General de Gaulle ein Ermittlungsverfahren läuft?“, lästerte Fillon über Sarkozy.

Erbitterte Rivalen

Beide verbindet eine erbitterte Rivalität. Fünf Jahre lang diente Fillon Sarkozy als Regierungschef – doch der „Hyper-Präsident“ entschied alleine, stellte seinen Premier als bloßen „Mitarbeiter“ in den Schatten. Dieser hat oft zu verstehen gegeben, dass er sich viel mehr Reformmut gewünscht hätte. Von allen sieben Mitbewerbern präsentierte Fillon das liberalste Programm: Er will 500 000 Beamtenstellen streichen, die Arbeitszeit und das Renteneintrittsalter erhöhen sowie massiv Steuern und Abgaben für Unternehmen und Bürger senken.

Doch lange war der 62-Jährige mit seiner Forderung nach einem radikalen „Bruch“ kaum hörbar – erst als er seit Anfang November in den Umfragen aufholte und mit einem präzisen Programm bei den Fernsehdebatten überzeugte, begannen sich die Medien für ihn zu interessieren. Zuvor hatten sie sich auf das Duell zwischen Sarkozy und Alain Juppé konzentriert. Gegenüber dem scharf auftretenden Ex-Präsidenten wirkte der 71-jährige Juppé gemäßigt und vertrauenswürdig. Doch nicht nur sein hohes Alter, sondern auch sein steifes Auftreten standen in der Kritik. „Fillon ist es gelungen, eine ideale Synthese zwischen Juppé und Sarkozy zu verkörpern“, erklärt der Meinungsforscher Jérôme Fourquet: Er habe das seriöse Auftreten des einen und die programmatische Radikalität des zweiten. Dazu gehört auch eine gewisse Härte gegenüber dem Islam – ohne sie in populistische Worte zu packen wie Sarkozy.

Während Juppé sich erkennbar enttäuscht, aber weiterhin kämpferisch gab, übernahm Fillon die Rolle des Versöhners, der die Partei wieder einen will: „Die Niederlage darf niemanden erniedrigen, weil wir alle brauchen“, sagte er. Selbst Sarkozy würdigte er mit ein paar gütlichen Worten. Und das nicht ohne Grund: Der Ex-Präsident, der ihn einst als „armen Typen“ und „Verlierer“ bezeichnet hatte, versprach nicht Juppé, sondern Fillon seine Unterstützung. Fillon geht als großer Favorit in die Stichwahl am Sonntag.

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