Zum Urteil im Separatistenprozess in Spanien Versöhnen statt spalten
Meinung | Madrid · Spaniens Oberster Gerichtshof hat gegen neun katalanische Politiker und Separatistenführer harte Gefängnisstrafen verhängt. Sie wurden dafür verurteilt, dass sie vor zwei Jahren mit illegalen Methoden versucht hatten, Katalonien von Spanien abzutrennen. Ein Kommentar.
Doch der Richterspruch wird die Krise in Katalonien nicht beenden. Eher im Gegenteil: Das katalanische Unabhängigkeitslager kündigte bereits an, dass es sich durch das Urteil nur bestätigt fühlen wird, die Abspaltung von Spanien voranzutreiben.
Die verurteilten Separatisten sagen, dass ihnen ein unfairer, ein politischer Prozess gemacht wurde. Deswegen wollen sie das Urteil vor dem Europäischen Menschengerichtshof anfechten. Auch der juristische Streit wird somit weitergehen. Festzuhalten ist jedenfalls, dass es in Spanien nicht verboten ist, auf politischem Wege für die Unabhängigkeit Kataloniens einzutreten. Der Vorwurf der politischen Verfolgung ist somit schwerlich aufrechtzuerhalten.
Das Problem, um das es im Prozess ging, war denn auch ein anderes: Kataloniens Separatistenführer hatten im Zuge ihrer Unabhängigkeitsfahrt vor zwei Jahren verkündet, Spaniens Verfassung und Rechtsprechung nicht länger anzuerkennen. Kein europäischer Staat kann es sich leisten, derartige Gesetzesbrüche zu tolerieren. Erst recht nicht, wenn sie von Amtsträgern begonnen werden.
Noch eines sollte in der Katalonien-Debatte, deren Wellen wieder hochschlagen, nicht vergessen werden: Die Separatisten besitzen zwar die politische Mehrheit im katalanischen Regionalparlament, aber sie haben - wie Wahlergebnisse und Umfragen belegen - nicht die Mehrheit der Katalanen hinter sich. Deswegen sollten sich die Separatisten nicht länger der Spaltung, sondern der Versöhnung der Gesellschaft widmen.