"Vatileaks": Immer mehr Details werden bekannt

Rom · Nach der Veröffentlichung des "Vatileaks"-Untersuchungsberichts und der Anklageschrift setzt der neue Medienberater des Vatikans auf ein schnelles Verfahren.

 Wollte Kammerdiener Paolo Gabriele der Kirche nur etwas Gutes tun? Foto: Claudio Peri

Wollte Kammerdiener Paolo Gabriele der Kirche nur etwas Gutes tun? Foto: Claudio Peri

Foto: DPA

"Ich hoffe, dass es schneller vorangeht als das bei italienischen Gerichtsverfahren üblich ist", sagte der US-Journalist Greg Burke der in Würzburg erscheinenden katholischen "Tagespost". Der Prozess gegen den Ex-Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. und den anderen Angeklagten wird vermutlich im Herbst beginnen, ein genaues Datum steht noch nicht fest.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sieht in der Veröffentlichung einen "rigorosen Schritt der Aufklärung" und nannte das Vorgehen angesichts der sonstigen Gewohnheiten des Kirchenstaats mutig und ungewöhnlich, wie Radio Vatikan berichtete. Lombardi betonte demnach, Benedikt habe sich für eine Aufarbeitung des Falls durch die Gerichtsbarkeit stark gemacht. Der Papst werde vermutlich nicht in das Verfahren gegen Paolo Gabriele eingreifen, wohl auch nicht in Form einer Begnadigung. Diese steht dem Kirchenoberhaupt der Katholiken kraft seines Amtes zu jedem Zeitpunkt zu. Bei Benedikt hat sich Gabriele bereits entschuldigt.

Auch für den Leiter der deutschen Redaktion von Radio Vatikan, Pater Bernd Hagenkord, ist das Vorgehen des Vatikans ein Zeichen von "Transparenz und Offenheit", wie er der Deutschen Presse-Agentur dpa in Rom sagte. "Die Ermittler haben sich richtig verhalten und sich die nötige Zeit gelassen. Nun muss im Prozess genau geklärt werden, wer für was verantwortlich ist." Wann der Prozess beginnt, sei schwierig zu sagen, "aber vielleicht im November oder Dezember".

Mit der Veröffentlichung der Ermittlungsunterlagen werden immer mehr Einzelheiten bekannt. So habe Gabriele der Kirche unterm Strich etwas Gutes tun wollen. Im Rahmen der Ermittlungen habe der Ex-Diener angegeben, er habe sich als "Verbindungsmann des heiligen Geistes", gegen das "Böse und die Korruption", die "überall" seien, erheben wollen, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Er sei sicher gewesen, dass ein Schock, auch über die Medien, heilsam sein könnte, um die Kirche wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Er habe den Eindruck gehabt, der Papst werde falsch informiert.

Psychiatrische Gutachten Gabrieles kamen den Berichten zufolge zu dem Schluss, der Familienvater habe seelische Probleme. Dennoch sei der Richter von einer Schuldfähigkeit ausgegangen und es sei Anklage erhoben worden. Ihm drohen mehrere Jahre Haft.

Erstmals hatte der Vatikan am Montag auch einen zweiten Beschuldigten in der Enthüllungsaffäre genannt: Neben dem Ex-Diener, dem schwerer Diebstahl zur Last gelegt wird, muss sich auch ein Informatiker aus dem päpstlichen Staatssekretariat vor Gericht wegen Beihilfe verantworten. Er soll ein Bekannter Gabrieles sein.

Der angeklagte Gabriele ist nach Angaben seines Verteidigers betrübt über die Vorfälle rund um die Affäre. "Paolo ist ein Mann, der nun nachdenken will. Nach der Zusammenarbeit erwartet er das Urteil", sagte Anwalt Carlo Fusco dem Sender Tgcom24 mit Blick auf den anstehenden Prozess, wie Ansa berichtete.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort