Umfrage-Patt vier Wochen vor Wahl

Berlin · Vier Wochen vor der Bundestagswahl befeuert das Umfragen zufolge knappe Rennen zwischen Schwarz-Gelb und Opposition die Debatte um mögliche Koalitionen nach dem 22. September.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich am Wochenende skeptisch zu einer schwarz-grünen Koalition, falls es nicht für eine Mehrheit mit dem Wunschpartner FDP reichen sollte. "Schwarz-Grün steht nicht auf der Tagesordnung", sagte sie dem Magazin "Focus". Bereits im November 2010 hatte die Kanzlerin schwarz-grüne Koalitionen im Bund in absehbarer Zukunft als "Hirngespinst" ausgeschlossen.

Der frühere SPD-Chef Kurt Beck rief seine Partei zu Disziplin und zum Festhalten an ihrem Wahlziel Rot-Grün auf. "Das Dümmste, was wir jetzt tun könnten, ist über etwas anderes als einen rot-grünen Wahlsieg zu reden", sagte der langjährige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz dem "Focus". Auch der Spitzenkandidat der Grünen, Jürgen Trittin, wies Gedankenspiele über andere Konstellationen als Rot-Grün zurück. Schwarz-Grün komme für ihn ebenso wenig in Frage wie eine rot-rot-grüne Koalition, sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Wenn zwei Koalitionspartner das Gegenteil wollen, können sie auch nicht miteinander regieren", sagte Trittin mit Blick auf die Union.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Emnid ist einen Monat vor der Wahl noch immer keine eindeutige Mehrheit für ein politisches Lager in Sicht. Im Sonntagstrend für die "Bild am Sonntag" kommt die Union unverändert auf 40 Prozent, die FDP verliert hingegen einen Prozentpunkt und erreicht nur noch 5 Prozent. Die SPD gewinnt einen Punkt und erreicht 25 Prozent, die Grünen verharren bei 12, die Linkspartei bei 8 Prozent. Die eurokritische Alternative für Deutschland legt um zwei Punkte auf drei Prozent zu. Damit liegt Schwarz-Gelb in dieser Umfrage zusammen bei 45 Prozent - gegenüber 37 Prozent für Rot-Grün und 45 Prozent für die Opposition insgesamt.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel lehnte eine große Koalition nicht grundsätzlich ab, sieht aber weiterhin Siegchancen für seine Partei. "Die Bundestagswahl wird über die Wahlbeteiligung entschieden", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Gehen weniger als 70 Prozent zur Wahl, gewinnt Frau Merkel, gehen 75 Prozent zur Wahl, gewinnen wir", bekräftigte Gabriel.

Ein rot-rotes Bündnis von SPD und Linken verwies der SPD-Chef in die Welt der "Science fiction". Man könne keine verlässliche Regierung mit einer tief gespaltenen Linkspartei bilden. "Das ist im Kino klasse, aber nicht in der Wirklichkeit."

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi versuchte die Differenzen mit der SPD beim Thema Mindestlohn zu verringern. "In Koalitionsverhandlungen würden wir mit 10 Euro reingehen und die SPD mit 8,50 Euro. Wenn wir dann einen Kompromiss machen, stimmt zumindest die Richtung", sagte er dem Bielefelder "Westfalen-Blatt" (Montag). Eine Tolerierung von SPD und Grünen durch die Linke schloss Gysi im "Spiegel" hingegen aus: "Das funktioniert nicht." Die SPD schließt Rot-Rot-Grün aus.

FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle schloss eine Koalition sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen aus. "Diese SPD ist nicht regierungsfähig. Sie kann für uns kein Koalitionspartner sein", sagte er der "Bild am Sonntag" und verwies dabei auf die Unterschiede in der Steuerpolitik. Zu den Grünen sagte Brüderle: "Mit den grünen Tugendwächtern kann man keine Regierung bilden. Die wollen vom Fleischessen bis zu Steuern auf Plastiktüten alles regeln."

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