Polternder Präsident Trump knöpft sich die Türkei vor

Berlin · Der US-Präsident nimmt erneut einen Nato-Partner ins Visier und droht mit Sanktionen gegen Ankara.

 Die türkische Regierung wirft ihm Spionage und Terrorismus vor: US-Pastor Andrew Brunson.

Die türkische Regierung wirft ihm Spionage und Terrorismus vor: US-Pastor Andrew Brunson.

Foto: AP

Vor zwei Wochen polterte Donald Trump noch gegen Deutschland. Jetzt nimmt der launische US-Präsident schon wieder einen Nato-Partner ins Visier. Dieses Mal muss sich die Türkei mit Trumps Tiraden auseinandersetzen. Wieder greift der US-Präsident über seinen Lieblingskanal mit garantierter Maximalverbreitung an: Twitter. Trump liebt es, über den Kurznachrichtendienst – ganz ohne lästige Fragen unabhängiger Medien – seine Sicht der Welt zu verbreiten.

Deutschland sei ein „Gefangener“ Russlands, hetzte Trump wegen der geplanten Gaspipeline Nordstream 2, es zahle zu wenig in die Nato-Kasse und wolle obendrauf auch gegen Russland beschützt werden. Stunden später, typisch Trump, lobte er dann sein gutes Verhältnis mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ehe er nachts gleich wieder gegen Deutschland in die Tasten griff.

Nun bekommt der Nato-Partner Türkei die Launen des US-Präsidenten zu spüren. Noch beim Gipfel in Brüssel war Trump einträchtig mit Recep Tayyip Erdogan zum traditionellen Familienfoto erschienen, als könnte kein Wässerchen das Verhältnis der beiden Präsidenten trüben. Doch nun hat Trump der Türkei sogar mit Sanktionen gedroht.

Hintergrund: Beim gescheiterten Militärputsch von Teilen der Armee gegen Erdogan im Sommer 2016 war auch der US-amerikanische Pastor Andrew Brunson festgenommen worden. Die türkische Regierung wirft ihm Spionage und Terrorismus vor. Brunson, der verdächtigt wird, Mitglied der Gülen-Bewegung zu sein, sitzt seither in Haft. Die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen macht Erdogan für den Putschversuch gegen sich verantwortlich.

Anschuldigen seien konstruiert

Die US-Regierung wiederum hält die Anschuldigungen gegen Brunson für konstruiert. Trump via Twitter: „Die Vereinigten Staaten werden die Türkei mit umfassenden Sanktionen belegen für die lang anhaltende Inhaftierung von Pastor Andrew Brunson, einem großartigen Christen, Familienmenschen und einem wundervollen Menschen.“ Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat darauf bereits scharf reagiert: „Niemand macht der Türkei Vorschriften. Wir werden niemals und von niemandem Drohungen akzeptieren.“

CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte sagte unserer Redaktion: „Zusammenhalt im Bündnis ist die Grundlage der Nato als Garant unserer Sicherheit. Auch die sprunghafte Politik von US-Präsident Trump darf daran nichts ändern.“ Sowohl die USA als auch die Türkei seien zur Mäßigung aufgerufen.

Mit den jüngsten Sanktionsdrohungen von Trump gegen die Regierung in Ankara haben die amerikanisch-türkischen Beziehungen einen neuen Tiefpunkt erreicht. Dabei gehen beide Nato-Partner bereits im Syrien-Krieg unterschiedliche Wege. Die USA unterstützen die Kurden im Kampf gegen die Terrormiliz IS. Noch beim Nato-Gipfel war Trump deshalb voll des Lobes: „Die Kurden sind unglaubliche Kämpfer.“

Die Türkei war zu Beginn dieses Jahres in der nordsyrischen Stadt Afrin, die mehrheitlich von Kurden bewohnt wird, einmarschiert und dabei auch mit deutschen „Leopard“-Panzern vorgerückt. Schlecht kam in Washington zudem die Entscheidung der Regierung in Ankara an, russische Luftabwehrsysteme kaufen zu wollen, obwohl die Nato-Partner verabredet hatten, im Bündnis technisch kompatibel zu sein. Und nun eben der Fall des US-amerikanischen Pastors Brunson. Lässt die Türkei den Kirchenmann nicht frei, sind unter anderem Visumbeschränkungen für türkische Bürger im Gespräch.

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