Kritiker der ägyptischen Führung in deutscher Haft Tegeler Politikum

KAIRO · Es ist nicht ungewöhnliches, dass jemand, gegen den ein Haftbefehl von Interpol vorliegt, in Deutschland festgenommen wird. Wenn dieser aber eine bekannter Journalist des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira ist und der Haftbefehl von der fragwürdigen ägyptischen Justiz ausgeht, dann wird der Fall zum Politikum.

 In deutscher Haft: Der Journalist Ahmed Mansur.

In deutscher Haft: Der Journalist Ahmed Mansur.

Foto: dpa

Genau das ist geschehen, als am Samstag Ahmed Mansur, der die in der arabischen Welt bekannte Interviewsendung Bi La Hudud, (Ohne Grenzen) moderiert, von der Bundespolizei am Flughafen Tegel festgenommen wurde. Mansur soll heute einem Richter vorgeführt werden. Die Bundespolizei bestätigte, dass ein mit internationalem Haftbefehl gesuchter Journalist aus Ägypten festgenommen wurde, als er nach Doha fliegen wollte.

Schon an der Frage, ob es einen internationalen Haftbefehl gibt, scheiden sich die Geister. Laut Al-Dschasira hat Interpol den von den ägyptischen Behörden geforderten Haftbefehl vergangenen Oktober abgelehnt. Mansur habe nach eigenen Angaben der Polizei bei seiner Verhaftung entsprechende Dokumente vorgelegt. Der 52-jährige Journalist war von einem ägyptischen Strafgericht letztes Jahr zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er an der Folterung eines Anwaltes auf dem Tahrirplatz 2011 beteiligt gewesen sein soll.

Mansur selbst bezeichnet das Urteil, das in seiner Abwesenheit gefällt wurde, als "absurd und fabriziert". In einem Video, das während seiner Festnahme aufgenommen und von Al-Dschasira ausgestrahlt wurde, sagte er, er hoffe, dass sich "das Missverständnis" schnell aufklären werde. Er bezeichnete es als "grotesk, dass ein Land wie Deutschland eine Anfrage eines diktatorischen Regimes, wie das in Ägypten, unterstützt".

Der Generaldirektor Al-Dschasiras, Mustafa Suag, fordert die sofortige Freilassung seines prominenten Mitarbeiters. Suag: "Das harte Vorgehen der ägyptischen Behörden gegen Journalisten ist allseits bekannt ... andere Länder sollten sich nicht als ein Instrument dieser Unterdrückung missbrauchen lassen, zumindest wenn sie Pressefreiheit respektieren, wie das Deutschland tut."

Mansur war am 11. Oktober 2014 von einem Kairoer Strafgericht im Fall mit der Nummer 12057 am Kasr-Al-Nil-Strafgericht zusammen mit Mohamed Al-Beltagi, Hazem Faruk und Safwat Hegazy, allesamt führende Vertreter der Muslimbruderschaft, zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Im selben Prozess wurden der ehemalige Chef des Legislativkomitees des damaligen Parlaments, Mahmud Khodeiri, der ehemalige Minister für Jugend, Osama Yassin, sowie Amr Zaku and Mohsen Rady, beide Sprecher der aus der Muslimbruderschaft geformten Freiheits- und Gerechtigkeitspartei, zu drei Jahren verurteilt.

Sie waren angeklagt, den Anwalt Osama Kamal in den Tagen des Aufstandes gegen Husni Mubarak Anfang 2011 drei Tage lang in einem Reisebüro in einem der Gebäude am Tahrir-Platz festgehalten, gefoltert und psychologisch misshandelt zu haben. Mansur, der in Abwesenheit verurteilt worden war, hatte damals erklärt, er habe von diesem Fall aus den Medien erfahren.

Al-Dschasira gehört zu den schärfsten Kritikern des Regimes in Kairo.

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