SPD folgt Union bei Vorratsdatenspeicherung

Berlin · Die SPD trägt nach heftigem Ringen den Kurs der Parteispitze zur Vorratsdatenspeicherung mit und macht den Weg für das umstrittene Gesetz der schwarz-roten Regierung frei.

 Die SPD trägt die geplante Wiedereinführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung mit. Foto: Julian Stratenschulte/Illustration

Die SPD trägt die geplante Wiedereinführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung mit. Foto: Julian Stratenschulte/Illustration

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Allerdings bekam SPD-Chef Sigmar Gabriel bei einem kleinen Parteitag am Samstag in Berlin nur eine knappe Mehrheit von 58,5 Prozent für das verdachtsunabhängige Sammeln von Daten der Bürger. Die CDU lobte die Entscheidung. Generalsekretär Peter Tauber twitterte: "Die Sozis folgen der Union beim Thema #VDS. Guter Kompromiss kann Gesetz werden. War doch gar nicht so schwer liebe SPD." Linke, Grüne und die FDP reagierten empört.

Das Gesetz sieht vor, im Kampf gegen Kriminalität und Terror Daten zu speichern, aus denen sich etwa ablesen lässt, wer wann und wo mit wem telefoniert hat. Internetprovider und Telekommunikationsunternehmen sollen dafür Handy-Standortdaten vier und die anderen Daten zehn Wochen lang speichern - ohne Inhalte aufzuzeichnen.

124 SPD-Delegierte stimmten mit Ja, 88 mit Nein, 7 enthielten sich. Die SPD zählt Enthaltungen aber nicht mit. Sonst würde sich das Ergebnis auf 56,6 Prozent belaufen. Gabriel sprach von einem "klaren Ergebnis". Er sagte: "60 Prozent in einer Partei, die diskutiert, sind besser als 100 Prozent in einer Partei, die nicht diskutiert."

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kündigte an, ihre Partei werde notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Jahrelang habe die SPD Widerstand versprochen. "Jetzt fällt sie krachend um." Der Linke-Abgeordnete Jan Korte sagte: "Die SPD-Führung ist dabei, die Partei endgültig zu entkernen. Wie Sigmar Gabriel 2017 überhaupt noch als Widerpart zu Union und Kanzlerin wahrgenommen werden soll, weiß er wohl selbst nicht mehr." FDP-Vize Wolfgang Kubicki nannte die Entscheidung einen Schlag ins Gesicht für alle, die sich in Zeiten flächendeckender Geheimdienstspitzeleien um die Bürgerrechte sorgten.

Allerdings nahm die SPD überraschend eine Forderung nach Überprüfung des Gesetzes nach zwei Jahren auf. Justizminister Heiko Maas (SPD) teilte mit: "Die Prüfung sollte unter Einbeziehung wissenschaftlicher Sachverständiger erfolgen, die im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt werden sollten." Gabriel hat nach eigenen Angaben mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vorher darüber gesprochen.

Gabriel hatte im Frühjahr Maas, der eigentlich ein Gegner des Datensammelns ist, angewiesen, zusammen mit der Union einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Eine Niederlage wäre für Gabriel eine Blamage gewesen und hätte auch die Verlässlichkeit der SPD in der Koalition infrage gestellt. Er mahnte erneut: "Es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit und es gibt keine Sicherheit ohne Freiheit."

Maas zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz nach der Sommerpause verabschiedet wird. Es könne auch Vorbild auf europäischer Ebene sein. Nirgendwo sonst gebe es einen derartigen Ausgleich zwischen Sicherheit und Freiheit. "Was wir vorgelegt haben, ist nicht die alte Vorratsdatenspeicherung (...). Wir legen unser besonderes Augenmerk darauf, Bürgerrechte und Datenschutz zu wahren." SPD-Vize Ralf Stegner sagte auf NDR Info, die SPD sorge dafür, dass Deutschland die strengste Regelung zur Vorratsdatenspeicherung in Europa haben werde.

Baden-Württembergs SPD-Innenminister Reinhold Gall schrieb auf Twitter und Facebook: "Ich verzichte gerne auf vermeintliche Freiheitsrechte wenn wir einen Kinderschänder überführen."

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