Möglicher Kandidat für Parteivorsitz Sorgt Ex-Fraktionschef Friedrich Merz für Paukenschlag?

Bonn · Für die Merkel-Nachfolge an der Parteispitze bringen sich die Kandidaten in Stellung. Offenbar gehört auch Ex-Fraktionschef Friedrich Merz dazu. Für ihn wäre eine Kandidatur ein spektakuläres Comeback.

Ich beschäftige mich nur mit Fragen, die heute beantwortet werden müssen“: Mit diesen Worten beantwortete Friedrich Merz im GA-Interview 2015 die Frage nach einem politischen Comeback. Die Arbeit als Anwalt für internationale Großkunden und als Vorsitzender des deutsch-amerikanischen Polit- und Wirtschaftsclubs Atlantikbrücke bereite ihm „sehr viel Freude“.

Nach der Ankündigung der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, beim Parteitag im Dezember nicht mehr zu kandidieren, ist für Merz die Frage nach dem Comeback tagesaktuell. Die Antwort: Merz will. Das zumindest versichern Personen aus seinem Umfeld und aus der CDU, wie die „Bild“-Zeitung und andere Medien am Tag nach dem Hessen-Debakel der CDU berichteten.

Und während die Bewerbungen anderer CDU-Größen im Wartestand wie der amtierenden Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer oder des ehrgeizigen Gesundheitsministers Jens Spahn mit Ansage eintrudeln, wäre ein Wiedereinstieg des marktkonservativen Bannerträgers Merz ein Paukenschlag. Merkel, die den heute 62-Jährigen 2002 vom Amt des Fraktionsvorsitzenden verdrängt hatte, müsste sich als Regierungschefin mit einem ausgemachten Kritiker ihres Mitte-links-Kurses auseinandersetzen. Außerdem würde ein erklärter Wirtschaftsliberaler an die Spitze der CDU treten – das Konfliktpotenzial für die Zusammenarbeit mit einem nach links strebenden Koalitionspartner SPD liegt auf der Hand.

Konservativer Schattenmann

Politikabstinent war Merz in den Jahren seit seinem erzwungenen Abschied aus der ersten Berliner Reihe zu keiner Zeit. Im Gegenteil. Immer wenn es für die Kanzlerin schwierig wurde, fiel der Name des konservativen Schattenmanns.

Zum Beispiel 2014. Im Jahr zuvor war die AfD bei der Bundestagswahl mit 4,7 Prozent nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Doch schon damals, ein Jahr vor Beginn der Flüchtlingskrise, deutete sich an, dass die neue Rechtspartei der Union am rechten Rand in großem Umfang Wähler abjagen würde. Mit der Kommission „Zusammenhalt stärken – Zukunft der Bürgergesellschaft gestalten“ wollte die Partei Strategien gegen die Konkurrenz von Rechts entwickeln. Mit dabei: Kanzlerinnen-Kritiker Merz, dessen Beteiligung besonders vom wirtschaftsnahen und konservativen Parteiflügel gefeiert wurde. „Merz ist ein Gewinn für die Union. Er wird das marktwirtschaftliche Profil stärken“, jubelte etwa der Abgeordnete Christian von Stetten im „Handelsblatt“. Und Christean Wagner, Mitbegründer des konservativen Berliner Kreises in der CDU, zeigte sich überzeugt: „Merz könnte auch der AfD Stimmen abjagen.“

In das Programmgremium berufen hatte Merz übrigens der heutige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet – nun sind beide möglicherweise Konkurrenten um die Merkel-Nachfolge in der Parteiführung. Anders als die Merkel-Vertrauten Laschet oder Kramp-Karrenbauer, die bereit stehen, das politische Erbe der Kanzlerin in der Partei anzutreten, steht der Sauerländer Merz – wie auch der Münsterländer Jens Spahn – für einen deutlichen Kurswechsel. Der Karrierejurist ist zwar nicht der Erfinder des Begriffes einer „deutschen Leitkultur“, aber er führte ihn zur Jahrtausendwende in die parteipolitische Auseinandersetzung ein.

Seine damals gleichzeitig erhobene Forderung nach einem Einwanderungsgesetz, das sich an deutschen Interessen orientiert, ist heute erstaunlich aktuell. In Erinnerung ist der Merz-Vorschlag einer radikalen Vereinfachung der Einkommensteuergesetzgebung. Nur noch drei Steuersätze sollten gelten, die Steuererklärung wollte er so stark verschlanken, dass die Erklärung auf einen Bierdeckel passen sollte. Die Initiative versandete wegen des Widerstands aus der CSU. 2009 warf Merz dann auch als Abgeordneter hin.

Erstklassig vernetzt

Seitdem war er politisch überwiegend hinter den Kulissen darauf bedacht, die Kanäle in die Partei offenzuhalten. In den Medien blieb er hingegen stets präsent. Als Wirtschaftslobbyist warb der ehemalige Bonner Jurastudent für das letztlich gescheiterte europäisch-amerikanische Handelsabkommen TTIP. Als Vorsitzender des Vereins Atlantikbrücke ist er ein begehrter Ansprechpartner für Fragen zum deutsch-amerikanische Verhältnis. Merz ist als multipler Aufsichts- und Beirat in diversen Konzernen in der deutschen Wirtschaft erstklassig vernetzt.

Beim Deutschland-Ableger des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock amtiert er als Aufsichtsratschef, genau wie seit Ende 2017 beim Köln-Bonner Flughafen. Der Amtsinhaber, SPD-Mann Kurt Bodewig, musste gehen. Schon bald musste Merz die Affäre managen, die mit der Ablösung von Flughafenchef Michael Garvens endete. Sollte Merz als Merkel-Nachfolger bei der CDU tatsächlich durchstarten, dürfte seine Führungsrolle in Köln-Bonn eine kurze Episode gewesen sein.

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