Rechtsextreme in NRW Offenbar gibt es Absprachen mit der Alternative für Deutschland

DÜSSELDORF/BONN/KÖLN · Nach den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sind in den Stadträten die rechten Parteien auf der Suche nach neuen Partnern. Dabei gehe es auch um die Position der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD), sagt Alexander Häusler vom Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf.

 Das Rathaus in Duisburg: Hier schafften es Vertreter der Partei Pro NRW in Ausschüsse des Rats.

Das Rathaus in Duisburg: Hier schafften es Vertreter der Partei Pro NRW in Ausschüsse des Rats.

Foto: dpa

In einigen Kommunalparlamenten hätten bei geheimen Abstimmungen Pro NRW, NPD und AfD offenbar ihre Stimmen gebündelt. Dadurch hätten Pro-NRW-Vertreter die Wahl in Gremien und Ausschüsse geschafft. "Sollte sich das fortsetzen, stellt das für die demokratischen Parteien eine neue Herausforderung dar", so Häusler. Die AfD bestreitet aber, Absprachen mit den rechten Parteien getroffen zu haben.

Bislang soll diese Taktik den Pro-NRW-Vertretern etwa in Duisburg Sitze in Ausschüssen, Aufsichtsratsgremien städtischer Beteiligungsgesellschaften sowie im Polizeibeirat verschafft haben. "Es ist für uns offenkundig, dass es Absprachen gab zwischen Pro NRW und der AfD", sagte Oliver Hallscheidt, SPD-Fraktionsgeschäftsführer im Duisburger Rat. Zwar hätten die Rechten keine gemeinsamen Listen mit der AfD aufgestellt, aber offenbar vor den Abstimmungen festgelegt, wer sich jeweils mit einer Liste zur Wahl stellt.

So erhielt die Pro NRW-Liste in der geheimen Gremienwahl regelmäßig bis zu acht Stimmen, obwohl Pro NRW nur vier Mandate im Rat hat. Umgekehrt konnte die dreiköpfige AfD-Fraktion mit bis zu acht Stimmen punkten, wenn Pro NRW nicht mit einer eigenen Liste antrat. Vermutlich habe die NPD-Ratsfrau in vielen Fällen mitgestimmt.

"Dass die Stimmen von anderen Fraktionen kommen, ist auszuschließen, weil es dort jeweils eigene Listenverbindungen gab, wo jede Stimme gebraucht wurde", so Hallscheidt. "Wir gehen davon aus, dass sie diese Zusammenarbeit immer dort fortsetzen, wo es ihnen nützt."

In Bochum profitierte umgekehrt die AfD in offenen Abstimmungen von den Stimmen der Rechten. Der AfD-Landesverband weist Berichte über mögliche Kooperationen mit den rechten Parteien zurück. "Rechenspiele nach geheimen Abstimmungen lassen solche Rückschlüsse nicht zu", sagte eine Sprecherin des AfD-Landesvorstands Marcus Pretzell.

Es habe keine Absprachen zwischen Pro NRW, der NPD und der AfD in den Kommunen gegeben. "Wir sehen keine Berührungspunkte mit diesen Parteien." Pro NRW dagegen freut sich auf ihrer Homepage über die Unterstützung nicht näher genannter "Parteien und Gruppierungen" und unterstreicht, dass man selbstverständlich mit anderen kooperiere.

Die demokratischen Parteien müssten offensiv auf die neuen Herausforderungen durch die rechten Parteien reagieren, forderte Häusler. "Wenn sie in die politischen Gremien gewählt worden sind, hilft kein Wegsehen."

In den Räten im südlichen Rheinland ist über eine Zusammenarbeit von AfD und Pro NRW-Gruppen noch nichts bekannt geworden. Der Vorsitzende der Bonner AfD-Ratsfraktion, Hans Friedrich Rosendahl, sagte dem GA: "Eine Kooperation mit Pro NRW kommt für uns wegen der politischen Ausrichtung und des Stils überhaupt nicht in Frage.

Da halten wir ganz klar Distanz. Wir sehen uns in der bürgerlichen Mitte, das können Sie schon allein an unseren Lebensläufen erkennen." Rosendahl gehört auch dem Vorstand der AfD-NRW an. Auf keinen Fall ließe sich die AfD in die rechtspopulistische Ecke drängen, "weil wir da nicht hingehören".

Auch im Kölner Rat und seinen Gremien erscheint eine Kooperation der AfD (drei Sitze) mit Pro Köln (zwei) nicht denkbar. AfD-Fraktionsgeschäftsführer Sven Fritschler: "Auch wenn wir durch eine solche Kooperation Stimmrecht in den Ausschüssen kriegen könnten, haben wir uns bewusst dagegen entschieden." Hintergrund sei etwa, dass Pro Köln den Wahlkampf strategisch gegen die AfD geführt habe.

Rechtsextreme Parteien in Stadträten und Kreistagen

Weniger als ein Prozent der Wähler in NRW hat bei den Kommunalwahlen ihr Kreuz für eine rechte Partei gemacht. Deren Vertreter konnten damit in 21 der 53 Vertretungen der Städte und Kreise einziehen. Besonders erfolgreich war die rechtsextreme Partei Pro NRW mit insgesamt 24 Sitzen in Stadträten und Kreistagen: In Duisburg holte sie vier, in Gelsenkirchen drei Sitze.

In Köln schaffte es Pro Köln mit zwei Sitzen in den Rat. Laut Verfassungsschutz versuchen die Pro-Parteien mit bürgerlicher Selbstdarstellung eine breite Öffentlichkeit anzusprechen. Dennoch falle die Partei vor allem mit ausländer- und islamfeindlicher Propaganda auf.

Die NPD kommt landesweit auf acht Sitze: im Märkischen Kreis, Dortmund, Bochum, Duisburg, Essen, Mönchengladbach, Heinsberg und dem Rhein-Sieg-Kreis. Die Partei bediene sich einer rassistischen, antisemitischen, revisionistischen und fremdenfeindlichen Ideologie mit entsprechenden Parolen, heißt es im Verfassungsschutzbericht.

Mittlerweile prüft das Verfassungsgericht ein Verbot der Partei, nachdem ein solches Verfahren bereits einmal gescheitert war. In Dortmund und Hamm konnte die 2012 gegründete Partei Die Rechte je einen Sitz erringen. Laut Verfassungsschutz in NRW rekrutiert die Partei ihre Mitglieder aus der Neonazi-Szene von NRW und stellt eine Auffangorganisation für inzwischen verbotene neonazistische Kameradschaften dar.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort