Prüfbericht Nürburgring holt die SPD ein

MAINZ · Die Staatsanwaltschaft dürfte die insgesamt 300 Seiten aufmerksam lesen. Am Mittwoch übergab der Präsident des Landesrechnungshofs, Klaus Behnke, den Prüfbericht zum "Nürburgring-Zukunftskonzept" der Landesregierung 2010 an den Landtagspräsidenten.

 So gut besucht ist der Nürburgring nur bei Großereignissen wie dem 24-Stunden-Rennen. FOTO: DPA

So gut besucht ist der Nürburgring nur bei Großereignissen wie dem 24-Stunden-Rennen. FOTO: DPA

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Das Dokument nährt den Verdacht: Die Zahlen am Nürburgring wurden im Jahr 2010 schöngerechnet, um das Krisenprojekt der Landesregierung über die Landtagswahl im darauffolgenden Jahr zu retten. Schon 2012 erfolgte die Pleite am Ring. Mit Ansage? SPD-Landtagsfraktionschef Hendrik Hering und Finanzminister Carsten Kühl (SPD)geraten nun stärker unter Druck. Stoff für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss bieten die 300 Seiten allemal. Die Feststellungen:

Aufsichtsrat: Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH wurde im März 2010, als Hering und Kühl den Ring auf neue Beine stellten, nicht ausreichend informiert.

Besucherzahlen: Die Zahlen, die den Pachtverträgen zwischen der Nürburgring GmbH (90 Prozent Land) und den beiden Pächtern Linder und Richter zugrunde lagen, hätten von Regierung und Aufsichtsrat stärker hinterfragt werden müssen. So wurden die jährlichen Besucherzahlen am Nürburgring mit 200 000 zu hoch angesetzt. Die Höhe der Pacht war unrealistisch. "Im Ergebnis haben die Berater von Ernst & Young in ihrer Planung unrealistisch hohe Pachtzahlen angesetzt", heißt es in dem Bericht.

Pachthöhe: Die Pacht richtete sich, anders als etwa in der Hotellerie und Gastronomie üblich, am Gewinn und nicht am Umsatz aus, so der Rechnungshof. Damit sei man das Risiko verminderter Pachteinnahmen eingegangen. Die vereinbarte Mindestpacht (15 Millionen im dritten Geschäftsjahr) sei zu niedrig gewesen, um die Kosten der landeseigenen Nürburgring GmbH zu decken, andererseits zu hoch gewesen, um von den Pächtern realisiert zu werden.

Bonität: Wie die Prüfbehörde mitteilt, war seinerzeit die mangelnde Bonität des Pächters Kai Richter bekannt. Dennoch habe sich das Land nicht gegen eine Zahlungsunfähigkeit abgesichert, etwa, indem eine Bankbürgschaft verlangt worden wäre. Die Prüfer: "Entgegen dieser üblichen Vertragspraxis hat das Land keinen Versuch unternommen, die Pachtansprüche abzusichern."

ISB-Kredit: Aber es kommt noch dicker: Dabei geht es um einen 330 Millionen-Euro-Kredit der Landesförderbank ISB, damit die Nürburgring GmbH ihre Investitionen, letztlich den Ausbau zum Freizeitpark, finanzieren konnte. Weder eine auf dem Markt tätige Bank noch die ISB selbst hätte der Nürburgring GmbH wegen deren wirtschaftlicher Situation einen solchen Kredit ohne komplette Risikoabsicherung durch das Land gewährt, so der Rechnungshof.

Finanzierungsbedarf: Auch reichte die Summe von 330 Millionen Euro nicht. Wie schon bald bekannt wurde, bestand bei der Nürburgring GmbH ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von 130 Millionen Euro.

EU: Dass das Zukunftskonzept nicht mit der EU-Kommission abgestimmt war, verwundert dann nicht mehr.

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