NSA spähte angeblich Videokonferenzen der UN aus

London/Berlin · Trotz des Drucks der Regierung in London auf den "Guardian" gehen die Geheimdienstenthüllungen weiter. Das Magazin "Der Spiegel" berichtet in seiner neuen Ausgabe, der US-Geheimdienst NSA habe auch die Zentrale der Vereinten Nationen in New York abgehört.

 UN-Generalsekretär Ban in New York. Auch die Zentrale der Vereinten Nationen soll von der NSA abgehört worden sein. Foto: Andrew Gombert/Archiv

UN-Generalsekretär Ban in New York. Auch die Zentrale der Vereinten Nationen soll von der NSA abgehört worden sein. Foto: Andrew Gombert/Archiv

Foto: DPA

Dem Dienst sei es im Sommer 2012 gelungen, in die interne UN-Videokonferenzanlage einzudringen und die Verschlüsselung zu knacken, berichtet das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Dokumente des US-Whistleblowers Edward Snowden.

Die Freude der Agenten darüber komme in dem geheimen NSA-Dokument mit den Worten zum Ausdruck: "Der Datenverkehr liefert uns die internen Video-Telekonferenzen der Uno (yay!)". Wie das Magazin weiter berichtet, soll die NSA zudem die EU bei den Vereinten Nationen auch nach deren Umzug in neue Botschaftsräume im September 2012 noch ausspioniert haben. Die NSA unterhalte in mehr als 80 Botschaften und Konsulaten weltweit ein eigenes Abhörprogramm, das intern "Special Collection Service" genannt und oft ohne das Wissen des Gastlandes betrieben werde.

Einen entsprechenden Lauschposten soll die NSA demnach in Frankfurt, einen weiteren in Wien unterhalten. Die Existenz der Lausch-Einheiten in Botschaften und Konsulaten sei unter allen Umständen geheim zu halten. Wenn sie bekanntwürden, würde das "den Beziehungen zum jeweiligen Gastland schweren Schaden zufügen", zitierte "Der Spiegel" aus einem NSA-Dokument.

Der "Guardian" hatte am Freitag Originalauszüge von NSA-Dokumenten veröffentlicht, in denen es um die Beteiligung von Unternehmen wie Yahoo, Facebook und Google am Spionageprogramm "Prism" geht. Die Firmen hätten Millionen US-Dollar für ihre Kooperation bekommen. Die abgedruckten Dokumente aus dem Fundus des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Snowden beschäftigen sich unter anderem mit den Folgen eines Gerichtsurteils in den USA aus dem Jahr 2011, das den Spähern die Arbeit erschwerte.

Die Zusammenarbeit mit den Internetfirmen musste danach auf eine neue Basis gestellt werden. In einem der Dokumente heißt es wörtlich: "Alle Prism-Provider, mit Ausnahme von Google und Yahoo, wurden erfolgreich auf die neue Zertifizierung umgestellt. Wir erwarten, dass Yahoo und Google die Umstellung bis zum 6. Oktober beenden." Google und Facebook erklärten, nicht an dem Spähprogramm Prism beteiligt gewesen zu sein, Yahoo bestätigte, Zahlungen von der US-Regierung für Kooperationen beantragt zu haben.

Der "Guardian" kündigte am Samstag an, künftig bei den Snowden-Dokumenten mit der US-Zeitung "New York Times" zu kooperieren. Man wolle damit dem Druck der britischen Regierung auf die Berichterstattung entgehen. Chefredakteure von vier führenden Zeitungen in Nordeuropa drückten in einem offenen Brief an die britische Regierung ihre Sorge über den Umgang mit der Pressefreiheit im Vereinigten Königreich aus. Der "Guardian" musste auf Druck der Regierung Festplatten mit heiklen Daten aus den Enthüllungen Snowdens zerstören.

Am Freitag hatte auch die Zeitung "Independent" aus dem Snowden-Material zitiert und einen geheimen Spähposten des britischen Geheimdienstes GSHQ im Nahen Osten öffentlich gemacht. Diese zapfe große Unterseekabel an und habe damit Zugang zum gesamten Datenverkehr der Region, schrieb das Blatt. Die Information gilt als hochbrisant. Snowden meldete sich umgehend aus dem russischen Asyl, um zu beteuern, er habe nicht mit dem "Independent" zusammengearbeitet. Er bezichtigte die Regierung in London, die Information selbst gestreut zu haben, um den Medien Geheimnisverrat unterstellen zu können.

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