Missbrauch an Schulen NRW startet Initiative gegen sexuelle Gewalt

Düsseldorf · Sexuelle Gewalt gegen Minderjährige ist in Deutschland weit verbreitet. Landesbildungsministerin Sylvia Löhrmann betont: Schule ist ein bedeutender Ort für den Kinderschutz.

 Schulministerin Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen) kommt am 15.09.2016 in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) in den Landtag. Die Einbringung des Haushaltsplans für 2017 und die Debatte über Bewerbung von NRW für Olympia 2028 sind die Themen im Landtag. Foto: Federico Gambarini/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Schulministerin Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen) kommt am 15.09.2016 in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) in den Landtag. Die Einbringung des Haushaltsplans für 2017 und die Debatte über Bewerbung von NRW für Olympia 2028 sind die Themen im Landtag. Foto: Federico Gambarini/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

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Nordrhein-Westfalen nimmt als erstes Bundesland an der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ teil. Ab Februar 2017 werden alle Schulen im Land mit Informationsmaterial versorgt. „Mein Ziel ist es, dass an Deutschlands Schulen zu diesem Thema nicht mehr geschwiegen wird“, sagte der Bundesbeauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, am Montag im Landtag.

Sexuelle Gewalt gegen Minderjährige habe in Deutschland eine „riesige Dimension“, so Rörig. „Ich gehe davon aus, dass in jeder Schulklasse mindestens ein bis zwei Mädchen und Jungen davon betroffen sind.“ Schlüssige Konzepte, um betroffenen Schülern zu helfen, gebe es derzeit aber nur an etwa vier Prozent der Schulen. Reagiert werde meist nur dann, wenn es einen konkreten Fall gebe. Anzeichen für sexuelle Gewalt würden oft übersehen oder ignoriert. „Wir wollen, dass Lehrer kompetent reagieren können. Lehrkräfte sind keine Therapeuten, aber sie müssen wissen, was im Verdachtsfall zu tun ist“, sagte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne).

2600 Fälle im vergangenen Jahr

Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik wurden im vergangenen Jahr in NRW in rund 2600 Fällen Kinder und Jugendliche missbraucht. Meist wurden diese Taten innerhalb der Familie oder im direkten Umfeld der Kinder begangen. 87 Mal ging es um Missbrauch von Schutzbefohlenen, zum Beispiel in Schulen und anderen Institutionen.

Im schulischen Umfeld gelten Duschen, Umkleideräume sowie Toiletten als „gefährliche Orte“, erklärte der Bundesbeauftragte. Ergebnisse der so genannten „Dunkelfeldforschung“ lassen befürchten, dass die Kriminalstatistik nur einen winzigen Teil der Fälle abbildet. „Forscher gehen davon aus, dass in Deutschland jeder zehnte junge Mensch zwischen 0 und 18 Jahren sexuelle Übergriffe bis hin zu Missbrauch erleidet oder erlitten hat“, erklärte Johannes-Wilhelm Rörig. Bis zu 100 000 Fälle im Jahr werden in Deutschland vermutet.

Sämtliche Schulen zwischen Rhein und Weser erhalten mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres Info-Mappen zum Thema und Rat von Experten.

Darüber hinaus wurde ein Internet-Fachportal zur Unterstützung der Schulen eingerichtet: www.schule-gegen-sexuelle-Gewalt.de. Die anderen Bundesländer werden sich bis 2018 dieser Initiative des Bundes anschließen. „Schule ist ein bedeutender Ort für den Kinderschutz. Hier erreichen wir alle Kinder und Jugendlichen“, sagte Ministerin Sylvia Löhrmann.

Alle Schulen in NRW sind gesetzlich verpflichtet, jedem Anschein von Vernachlässigung, Misshandlung oder sexuellem Missbrauch von Schülern nachzugehen. In der Praxis scheuen sich viele Pädagogen aber davor, diese Probleme aktiv anzugehen. Die Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ soll Lehrer zum Handeln ermutigen.

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