Initiative gegen Rechtsextremismus NRW-Familienministerin: „Menschen brauchen Unterstützung, wenn sie bedroht werden“

Köln · Die Zahl rechtsmotivierter Taten ist 2015 im Vergleich zum Vorjahr von 3300 auf 4400 angestiegen. In Köln gibt es eine Beratungsstelle, die bei Drohbriefen oder in Konfliktsituationen hilft. NRW-Familienministerin Christina Kampmann unterstützt die Initiative.

 Christina Kampmann setzt sich für präventive Maßnahmen gegen Rechtsextremismus ein.

Christina Kampmann setzt sich für präventive Maßnahmen gegen Rechtsextremismus ein.

Foto: dpa

Zur Zeit des Nationalsozialismus diente das Gebäude am Appellhofplatz der Gestapo als Gefängnis. Auch Konrad Adenauer war hier inhaftiert. Heute ist es eine Gedenkstätte und beherbergt das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln. Dort hat Christina Kampmann, Familienministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, am Donnerstag über die Arbeit der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ informiert. Die Zahl rechtsmotivierter Taten sei 2015 im Vergleich zum Vorjahr von 3300 auf 4400 angestiegen. „Die Menschen brauchen Unterstützung, wenn sie bedroht werden oder sich in Bündnissen gegen Rechts organisieren wollen“, so Kampmann.

Insgesamt fünf solcher Beratungsstellen gibt es in NRW. In Köln wird das Angebot seit 2008 von der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im NS–Dokumentationszentrum getragen. Neben Köln bieten auch die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold, Münster und Düsseldorf solche Infostellen an. Sie beraten Privatpersonen, Politiker und Journalisten, aber auch Verbände und Institutionen im Umgang mit Drohbriefen, helfen beim Aufbau neuer Initiativen gegen Rechtsextreme oder geben Präventivkurse. Daneben analysieren die Mitarbeiter rechtsextreme Bewegungen in ihren jeweiligen Bezirken: Wer ist in der Bewegung aktiv? Wie funktionieren die Netzwerke?

Finanziert wird das Angebot durch Bund und Land mit einer Gesamtförderung in Höhe von mehr als einer Million Euro: 605 000 Euro kommen 2017 vom Bund, 450 000 Euro vom Land NRW. Die Beratungsstellen sind Teil einer Initiative der Landesregierung gegen Rechtsextremismus und Rassismus, die 2012 ins Leben gerufen wurde. Jeder Bürger, der sich engagiert, könne von Bedrohungen betroffen sein, so Hayke Lanwert, Pressesprecherin des Ministeriums. Seit der Gründung 2008 haben die Mitarbeiter in ganz NRW so in mehr als 1000 Fällen Betroffene unterstützt und beraten. Und die Nachfrage steigt.

„Das Thema ist brisanter und aktueller denn je“, sagt auch Werner Jung, Direktor des NS-Dokumentationszentrums in Köln. Das Ziel bestehe darin, das Engagement der Bevölkerung und die demokratische Kultur zu stärken, so Patrick Fels von der mobilen Beratung in Köln: „Uns ist wichtig, dass wir nicht nur gegen etwas arbeiten, sondern auch für etwas.“ Ein aktuelles Beispiel ist das Bündnis „Bunter Rhein-Sieg-Kreis“, das sich aus einer Aktion gegen einen AfD-Protestmarsch in Siegburg im vergangenen Jahr zusammenschloss und nun von der mobilen Beratung bei Treffen begleitet wird.

„Der Anstieg der Gewalt ist frappierend“, sagt Heiko Klare von der mobilen Beratung im Regierungsbezirk Münster. In seinem Zuständigkeitsbereich hat er von Schmierereien bis hin zu Brandstiftung die unterschiedlichsten Formen dokumentiert. Im Gegensatz zu früher sei es heute schwieriger geworden, rechtsradikale Akteure zu erkennen und deren Netzwerke aufzudecken.

Außerdem gäbe es eine Reihe von Menschen, die sich bisher nicht in einer Gruppe organisiert hätten, aber ihre Meinungen vor allem in den sozialen Netzwerken verbreiten würden. Durch unterschiedliche Träger aus Kirche, Stadtverwaltungen, Gedenkstätten und Hochschulen konnten die Beratungen allerdings von dem jeweiligen Erfahrungsschatz profitieren. „Ich habe das früher schon gemacht und das hat gut geklappt“, sagt auch Kampmann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Planlose Reformidee
Kommentar zum Abtreibungsgesetz Planlose Reformidee
Aus dem Ressort