Kommentar zur Krise von SPD und Union Murmeltier-Tag

Meinung | Bonn · Bei Andrea Nahles (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ist das Muster nach Wahlniederlagen immer gleich. Ihre Auftritte erinnern an den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier", kommentiert GA-Redakteur Nils Rüdel.

 Andrea Nahles (r), Vorsitzende der SPD, und Annegret Kramp-Karrenbauer, Vorsitzende der CDU, kommen zu einem Polittalk. (Archivfoto)

Andrea Nahles (r), Vorsitzende der SPD, und Annegret Kramp-Karrenbauer, Vorsitzende der CDU, kommen zu einem Polittalk. (Archivfoto)

Foto: picture alliance/dpa

Die Auftritte der Parteichefinnen Andrea Nahles (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Montag erinnern an den schönen Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Darin ist der Protagonist Phil in einer Zeitschleife gefangen und muss, zunehmend miesepetrig, jeden Tag exakt aufs Neue erleben. Er weiß um seine missliche Lage, doch er kommt einfach nicht heraus. Bei Nahles und Kramp-Karrenbauer ist das Muster nach Wahlniederlagen ebenfalls immer gleich: Sie treten zerknirscht vor Partei und Kameras. Sie geloben Besserung, kündigen gründliche Analysen an, benennen Schuldige (Koalitionspartner, Medien, Parteirebellen, seltener: Fehler der eigenen Partei), dann machen sie weiter. Ansonsten: Ratlosigkeit. Bis zum nächsten Mal.

Auch der Tag nach der besonders für die SPD desaströsen Europawahl war ein solcher Murmeltier-Tag. Nahles sagte, jetzt werde der Parteivorstand über „mehr klare Positionierungen“, „Strategiefähigkeit“ und „Profilbildung in der Regierung insgesamt“ diskutieren. Kramp-Karrenbauer kündigte an, aus dem Wahlergebnis „unsere Schlüsse ziehen.“ Bis zum nächsten Mal.

Währenddessen sind die beiden Noch-Volksparteien auf dem besten Weg, auf Murmeltiergröße zusammenzuschrumpfen. Die SPD schrumpft schneller, aber die CDU tut es ihr nach. Sie hat nur das Glück, dass bei den Sozialdemokraten immer alles noch viel schlimmer aussieht als bei ihr.

Profilbildung, Positionierungen, Strategiefähigkeit: Solche Plastikwörter stehen auf Flipcharts in Parteizentralen – die Wähler können aber wenig damit anfangen. Was sie wollen, sind Antworten auf ihre Probleme. Die Politik der großen Koalition hilft mal hier, mal da, mal diesem, mal jenem. Aber eine Idee, einen großen Wurf, den sehen die Wähler nicht. Sie sehen ein Klein-Klein, das überdies von Dauerstreit begleitet wird.

Die jungen Leute wollen auch nicht, dass Parteien „cooler“ werden, wie CSU-Chef Markus Söder fordert. Sie wollen ernst genommen werden und verlangen mutige Schritte gegen den Klimawandel. Deshalb wählen sie die Grünen. Das mag etwas unfair sein, denn die Ökopartei ist auch deshalb so stark, weil sie den Zeitgeist perfekt trifft und diesen im Bund gerade nicht in zähe politische Prozesse umwandeln muss. Aber es hilft ja nichts: Die Volksparteien müssen besser zuhören, mutiger werden und bessere Politik-Angebote machen.

Im Film hat Phil übrigens irgendwann wieder herausgefunden aus der fatalen Zeitschleife. Indem er sich grundlegend geändert hat.

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