Kampf gegen die IS-Terrormiliz Mit Assad, aber ohne die Türkei?

ISTANBUL · US-Verteidigungsminister Chuck Hagel sucht Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz des IS. Die Rolle Ankaras bleibt dabei jedoch unklar.

 Gespräch in Ankara: Präsident Erdogan (links), Verteidigungsminister Hagel.

Gespräch in Ankara: Präsident Erdogan (links), Verteidigungsminister Hagel.

Foto: ap

Nach drei Jahren Krieg gegen die eigene Bevölkerung empfiehlt sich der syrische Präsident Baschar al-Assad dem Westen plötzlich als Bundesgenosse im Kampf gegen die Dschihadisten-Miliz "Islamischer Staat" (IS). Ganz anders als Syrien hält sich der Nato-Partner Türkei mit Hilfsangeboten auffällig zurück. US-Verteidigungsminister Chuck Hagel sprach gestern mit der Führung in Ankara über das Thema.

IS-Vorstöße bedrohen unter anderem das kurdische Autonomiegebiet im Nordirak, das mit Waffenlieferungen aus Deutschland und anderen Ländern militärisch gestärkt werden soll. Die USA greifen seit Wochen IS-Trupps im Irak an und prüfen eine Ausweitung der Luftangriffe mit Kampfjets und Drohnen auf Syrien. Präsident Barack Obama will morgen eine Strategie gegen die Dschihadisten vorstellen.

In Damaskus warnte die syrische Regierung, Militärschläge gegen den IS auf syrischem Gebiet müssten mit ihr abgesprochen werden und würden andernfalls als Aggression gewertet. Eine Situation, in der die syrische Regierung als Partner des Westens im Kampf gegen die islamistischen Extremisten auftreten könnte, würde das zum internationalen Paria gewordene Regime deutlich aufwerten.

Offiziell weist der Westen die Forderung des Assad-Regimes nach einer Teilhabe am Kampf gegen die sunnitischen Extremisten zurück. Assad sei Teil des Problems, nicht Teil der Lösung, sagte der britische Premierminister David Cameron.

Einige Experten raten jedoch zu einer Zusammenarbeit mit dem Regime in Damaskus. Assad sei im Vergleich zur Bedrohung durch den IS das kleinere Übel, schrieb der Politologe Max Abrahams von der Northeastern University in Boston in der "New York Times". Assad, der den IS lange gewähren ließ, habe inzwischen die Gefahr erkannt. Zudem hat die US-Regierung beim Vorgehen gegen den IS auch eine Kooperation mit einem anderen Erzfeind in der Region in Aussicht gestellt: mit dem Iran.

Im syrischen Nachbarland Türkei wird eine mögliche Kooperation des Westens mit Assad äußerst skeptisch gesehen. Ankara gehört seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges vor mehr als drei Jahren zu den entschiedensten Gegnern des syrischen Präsidenten und strebt offen dessen Sturz an. In den vergangenen Jahren tolerierte die türkische Regierung extremistische Gruppen wie den IS, weil sie sich davon eine rasche Entmachtung des syrischen Präsidenten versprach.

Der IS in Syrien versorgt sich über die Türkei mit neuen Kämpfern und mit Nachschub. Im Gegenzug schmuggelt die Dschihadistengruppe tonnenweise Dieseltreibstoff aus ihrem Machtbereich in Syrien über die 900 Kilometer lange Grenze in die Türkei und verdient damit nach Angaben der türkischen Opposition mehrere Millionen Dollar im Monat. Unter dem Druck der westlichen Verbündeten hat Ankara die Kontrollen an der syrischen Grenze in jüngster Zeit verschärft.

Eine militärische Beteiligung der Türken an einer Allianz gegen den IS ist aber nicht zu erwarten. Die Dschihadisten halten seit Juni 49 Mitarbeiter des türkischen Konsulats in Mossul in ihrer Gewalt. Ein allzu forsches Auftreten der Türkei gegen den IS könnte das Leben der Geiseln in Gefahr bringen, argumentiert die Regierung in Ankara.

Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte gestern, noch gebe es in Sachen IS keine konkreten Forderungen der Verbündeten an die Türkei. Was sein Land in einer solchen Allianz zu tun bereit wäre, sagte der Minister nicht.

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