USA Milde Strafe für den Präsidenten-Macher

Washington · Der Ex-Trump-Berater Paul Manafort muss zwar ins Gefängnis, das Urteil bleibt aber an der Untergrenze des Möglichen.

 Grüner Gefängnisoverall statt Maßanzug: Paul Manafort in der Darstellung des Gerichtszeichners.

Grüner Gefängnisoverall statt Maßanzug: Paul Manafort in der Darstellung des Gerichtszeichners.

Foto: dpa

Er ist ein Schatten seiner selbst, der gesundheitlich angeschlagene Mann, der im Albert V. Bryan Courthouse vor dem Richter sitzt. Das Laufen fällt Paul Manafort schwer, er braucht einen Rollstuhl, ein Stock liegt bereit, falls er doch ein paar Schritte geht. Die Gesichtszüge zerfurcht, das Haar ergraut, wirkt er, als wäre er um mindestens zehn Jahre gealtert im Vergleich zum Sommer 2016.

Damals hatte er den Olymp seiner Beraterkarriere erklommen. Hinter den Kulissen führte er Regie, als die Republikaner Donald Trump ins Rennen ums Weiße Haus schickten. Ein Profi, der bereits Präsidentschaftskandidaten wie Gerald Ford, Ronald Reagan und George Bush beraten hatte und nun Trumps Wahlkampfteam leitete.

Statt aus dem Ruhm des gefeierten Strategen klingende Münze zu schlagen, wie er gehofft hatte, trägt er Sträflingskleidung. Einen grünen Einteiler, der ihn als Insassen des Gefängnisses von Alexandria ausweist, einer Satellitenstadt am Rande Washingtons.

Der Richter vermisst Reue beim Angeklagten

Die letzten zwei Jahre, sagt Manafort, bevor das Strafmaß verkündet wird, seien für ihn und seine Familie die schlimmsten gewesen. Beruflich wie finanziell liege sein Leben in Scherben. „Zu sagen, dass ich mich gedemütigt und beschämt fühle, wäre eine krasse Untertreibung.“ Worauf der Richter, ein in den Achtzigern von Reagan ernannter Veteran namens Thomas Selby Ellis, entgegnet, er habe vermisst, dass der Angeklagte wegen seiner Taten Reue erkennen lasse. Wegen der sechs Millionen Dollar Steuern, die er hinterzogen habe: „Dem Wesen nach haben Sie jedem Geld gestohlen, der seine Steuern bezahlt.“ Gemessen an den 19 bis 24 Jahren Gefängnis, die dem Gesetz nach möglich wären, fällt Ellis ein überraschend mildes Urteil: 47 Monate Freiheitsentzug. Abgesehen von seinen Straftaten, begründet er es, habe Manafort ein untadeliges Leben geführt. Kein Wunder, dass es Einspruch hagelt, auch von einigen der prominentesten Rechtsgelehrten des Landes.

Ein Mann mit Beziehungen, bestens vernetzt in den konservativen Kreisen der Politik, so der Tenor, werde mit Samthandschuhen angefasst, während weniger Privilegierte die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekämen. Schon lange nicht mehr habe ihn die Vorzugsbehandlung eines „reichen, weißen Burschen“ dermaßen angewidert, meldet sich Laurence Tribe zu Wort, Verfassungsrechtler der Universität Harvard, in dessen Vorlesungen Barack Obama einst saß. „Ich bin wirklich sauer“, protestiert Senator Cory Booker, einer der Demokraten, die sich 2020 fürs Oval Office bewerben. „Einer meiner Freunde sagt immer, wir haben ein Justizsystem, das dich besser behandelt, wenn du reich und schuldig bist, statt arm und unschuldig zu sein.“ Dem könne er kaum widersprechen.

Die Strafe im Fall Manafort war auch deshalb mit solcher Spannung erwartet worden, weil Amerika dem Abschlussbericht Robert Muellers, des Sonderermittlers der Russlandaffäre, entgegenfiebert. Es waren Muellers Detektive, die Manafort auf die Schliche kamen und so viele Beweise sammelten, dass der Publicity-Experte auf der Anklagebank landete. Um Muellers eigentlichen Auftrag – herauszufinden, ob es zwischen Trumps Wahlkampfteam und dem Kreml geheime Abmachungen gab – ging es nicht bei diesem Prozess. Nichts von dem, weshalb Manafort vor Gericht stehe, habe mit Geheimabsprachen mit der russischen Regierung zu tun, brachte es Ellis zum Schluss noch einmal auf den Punkt.

Manafort war Großverdiener in der Ukraine

Gleichwohl erhellte das Verfahren, mit welchen Charakteren Trump sich umgab, als er den Kandidatenwettlauf der Republikaner so gut wie gewonnen hatte. Manafort, dem er im Mai 2016 die Leitung seiner Kampagne anvertraute, hatte als Berater von Wiktor Janukowitsch, den pro-russischen Präsidenten der Ukraine, enorme Summen verdient. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft kassierte er rund 60 Millionen Dollar dafür, dass er Janukowitschs Partei der Regionen ein im Westen akzeptables Image verpasste. Das Geld parkte er größtenteils auf Offshore-Konten. Ab und an überwies er Geld in die USA, um Immobilien zu kaufen oder Maßanzüge zu bestellen. Oder einmal auch, wohl um zu zeigen, dass er sich Extravagantes leisten kann, eine Straußenlederjacke.

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