Immer im Dienst Merkels Zeitrechnung

BERLIN · Wie hält es die Kanzlerin mit ihrer Zukunft? Sie will bis 2017 im Amt bleiben - mindestens.

 Frau im Fokus: Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Beginn ihrer Sommer-Pressekonferenz.

Frau im Fokus: Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Beginn ihrer Sommer-Pressekonferenz.

Foto: dpa

Pep Guardiola wird damit leben müssen. Angela Merkel lässt den spanischen Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München nicht ins Kanzleramt. Gleich geht die Kanzlerin in Urlaub, was in ihrem Fall ein sehr relativer Begriff ist. "Als Bundeskanzlerin bin ich immer im Dienst, ob ich Urlaub habe oder nicht. Darauf können sich die Menschen verlassen. Das ist ganz wichtig."

Aber vorher muss Merkel bei ihrem alljährlichen Sommerauftritt in der Bundespressekonferenz durch ein Fragedickicht. Die ganze Weltkarte - relevante Krisenherde, die Innenpolitik wie auch regionale Querelen - werden vor ihr ausgebreitet: zum Beispiel Pep Guardiolas Heimat Katalonien, autonome Provinz, wo die Bürger im Herbst in einem Referendum über die Unabhängigkeit von Spanien abstimmen. Sinnigerweise am 9. November, dem Tag des deutschen Mauerfalls. Guardiola unterstützt diese Unabhängigkeitsbestrebung.

Und Merkel? Die Bundesregierung stehe zur territorialen Unabhängigkeit aller Staaten. "Das beinhaltet auch, dass ich keine Empfänge vorbereite." Guardiola muss draußen bleiben.

Dafür hat die Kanzlerin warme Worte für Philipp Lahm. Der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalelf hat Stunden zuvor öffentlich erklären lassen, dass er mit dem Gewinn des WM-Titels seine Laufbahn in der Nationalmannschaft beendet. Er sieht den Zenit seiner Karriere erreicht.

Merkel, die im Kabinett sehr auf Mannschaftsspiel achtet, sagt: "Weltmeister zu werden im Fußball ist sicherlich eine Mannschaftsleistung, aber der Kapitän hat damit auch etwas zu tun."

Merkel ist als Kanzlerin gewissermaßen die Spielführerin ihrer Kabinettsmannschaft. In den zurückliegenden Tagen hatten Medien verbreitet, sie wolle noch während der laufenden Legislaturperiode freiwillig aus dem Amt scheiden. Alles angeblich, nichts bestätigt. Wann also sieht Kapitän Merkel ihren Zenit erreicht? Wann ist der richtige Zeitpunkt für ihren Rücktritt?

"Nach der Reform ist vor der Reform", Angela Merkel

Die CDU-Vorsitzende, die am Abend zuvor mit 650 Gästen ihren 60. Geburtstag gefeiert hat, ist da ganz Pflichtmensch. Sie sei bei der Wahl 2013 "für die ganze Legislaturperiode" angetreten, sagt sie mit Blick auf Rücktrittsspekulationen. Und: "Die Menschen in Deutschland können sich erst einmal darauf verlassen, dass ich das, was ich ihnen gesagt habe, auch tue."

Eine Pause weiter sagt sie noch einen sehr interessanten Satz: "Alles Weitere später." Nur wann ist "später" - 2016, 2017 oder erst 2018? Merkel löst es ganz unprätentiös auf, wie es ihre Art ist. "Später" bedeute "zum richtigen Zeitpunkt. Mit Sicherheit nicht heute".

Die USA bereiten der Kanzlerin Probleme: Spionageaffäre mit Verdachtsfällen auch in deutschen Diensten und Ministerien. Russland und die höchst explosive Lage in der Ostukraine ist gleichfalls ein Dauerbrenner.

Merkel spricht den Hinterbliebenen der Opfer des Flugzeugabsturzes, darunter vier Deutsche, ihr Beileid aus. Es gebe "sehr viele Indizien", dass es sich um einen Abschuss handele, betont Merkel. Nichts ist einfach in diesen Tagen, in denen die EU auch noch ihr Personal für Spitzenposten sucht.

Ob die deutsche Regierungschefin über die US-Weigerung, ihre Spionage in Deutschland zu beenden, frustriert sei, wird sie gefragt. Merkel trocken: "Frustriert ist kein Zustand, in dem man als Bundeskanzlerin sein sollte." Sie folge deutschen Interessen. Und sie wisse nun mal, dass die deutschen Sicherheitsinteressen ohne die Kooperation mit anderen Nachrichtendiensten nicht gewahrt werden könnten.

Schließlich ist sie wieder im Inland. Große Koalition, große Themen, große Projekte: gesetzlicher Mindestlohn, Rentenpaket, die jüngste Reform des EEG-Gesetzes, die nicht die letzte war.

"Nach der Reform ist vor der Reform", sagt Merkel. Nicht wenig für die ersten acht Monate. Ob ein Vorhaben nun vornehmlich von der CDU, von der CSU oder von der SPD angetrieben werde, darüber denke sie als Kanzlerin nicht permanent nach.

Es gebe ein Arbeitsprogramm, das Koalitionsvertrag heißt. Und dafür habe man sich bis 2017 verabredet. Man erinnere sich: 2017 soll ja "später" sein. Dann will sich Merkel entscheiden. Aber jetzt geht sie erst einmal in den Urlaub. Krisentelefonate auch da garantiert.

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