Internationale Diplomatie Maas in den USA: Ein Besuch wie ein Kampf

WASHINGTON · Nach seinem Antrittsbesuch in Washington wirkte Bundesaußenminister Heiko Maas abgekämpft. Das transatlantische Verhältnis wankt. Doch es scheint Hoffnung zu geben.

In Deutschland schlafen sie schon, als Heiko Maas aus dem State Department kommt. Der Sportler in Maas ist gefordert. Der deutsche Außenminister hat an diesem Tag bereits seinen zweiten Wettkampf hinter sich, politisch gesehen. Erst 75 Minuten Nahkampf mit John Bolton, dem Hardliner und nationalen Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, am Nachmittag rund eine Stunde Sparring mit Mike Pompeo, dem US-Außenminister. Vielleicht unterschätzen sie den Deutschen, weil die erste Reihe dieser US-Administration Europa ohnehin nur bedingt ernst nimmt. Maas lässt sich davon nicht beirren. Dem Gegenüber in die Augen sehen, die Bewegungen vorausahnen, schnell auf den Beinen (und im Kopf) sein. Und dann: einfach mal abwarten. Aber es steht nicht gut.

Es müssen zwei sehr harte Gespräche gewesen sein. Daran lassen die Worte des deutschen Außenministers nach den Treffen wenig Zweifel. „Das ist ein Gespräch gewesen, das klar in den Positionen war“, sagt Maas nach dem Termin bei Bolton. Mit Pompeo, dem neuen US-Chefdiplomaten, soll es im Ton freundlich, in der Sache aber auch sehr hart zugegangen sein.

Maas tritt allein vor die Kameras. Er muss nach dem Treffen mit Pompeo feststellen: „Wir schlagen zwei völlig unterschiedliche Wege ein.“ Er sehe kaum Chancen auf einen Kompromiss, den Streit um den Atomvertrag mit Iran beizulegen.

Fast klingt es, um im Sportjargon zu bleiben, nach einer Begegnung USA gegen Europa. Partner, die sich über Jahrzehnte aufeinander verlassen konnten und voneinander profitiert haben, gehen verschiedene Wege. Weltklimaabkommen, Strafzölle, Atomabkommen. Maas spricht Klartext: „Wir machen uns, was den weiteren Weg angeht, durchaus Sorgen um das transatlantische Verhältnis.“ Gleichwohl sei Europa „nicht gewillt“, eine nachhaltige Beschädigung dieser lange stabilen Partnerschaft tatenlos hinzunehmen.

Aber bitte: Alles zu einem fairen Preis, auf Augenhöhe, auf Gegenseitigkeit. Maas betont die „große Geschlossenheit“ der Europäer im Iran-Streit. Bolton und Pompeo sollen wissen: Europa schwankt nicht, es unterwirft sich nicht den Spielregeln des US-Präsidenten und seiner Gefolgsleute. Europa werde im Abkommen mit dem Regime in Teheran bleiben. Der Atomvertrag sei alles andere als perfekt, doch es sei besser, man habe ein Abkommen, mit dem man iranische Nuklearambitionen kontrollieren könne, als Iran durch einen Ausstieg aus dem Abkommen womöglich wieder in eine höhere Urananreicherung zu treiben.

Womöglich hat die bislang demonstrierte Geschlossenheit der Europäer in Washington doch Eindruck hinterlassen. Für Mitte Juni jedenfalls will Pompeo mit den Kollegen aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich (E3) beraten, wie eventuell ein neues Iran-Abkommen aufgelegt werden könnte. Ob das etwas bringt? Noch zu Wochenbeginn hatte der US-Außenminister die „härtesten Sanktionen in der Geschichte gegen Iran“ angekündigt. Aber jetzt, da Europa nicht schwankt und Maas in Washington unerschrocken Flagge zeigt, demonstriert Pompeo zumindest den Willen, sich mit Europa in einer doch zentralen Frage an einen Tisch zu setzen – unter Partnern.

Maas bemerkt dazu trocken, es sei „durchaus sinnvoll, sich in absehbarer Zeit zu viert zu treffen“. Die Strategie dieser US-Regierung ist derweil noch nicht klar erkennbar. Eine Variante: reden mit Europa ja, aber entscheiden dann womöglich doch, wie man es vorgehabt hätte. Der nächste Test, wie es um das transatlantische Verhältnis bestimmt ist, kommt bestimmt. Im Juli tagen die Staats- und Regierungschefs beim Nato-Gipfel in Brüssel. 2017 räumte Trump den Premierminister von Nato-Neumitglied Montenegro, Dusko Markovic, für einen Fototermin einfach beiseite. Weg da aus der ersten Reihe! Sollte Europa bis dahin geschlossen stehen, hätte Trump viel zu tun. Vielleicht ahnen sie in Washington: Auch eine Weltmacht muss sich ihre Kräfte einteilen.

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