Kommentar zum Wahlkampf in Frankreich Le Pen im Aufwind

Meinung | Paris · Die Rechtspopulistin Marine Le Pen mag selbst nicht ehrlicher sein als die anderen, sie sammelt trotzdem erfolgreich die von der Politik Verdrossenen auf. Und davon gibt es nun noch einige mehr.

Frankreichs Wahlkampf startet gerade erst in die heiße Phase – da bringen die Vorwürfe gegen den einstigen Favoriten François Fillon einen dramatischen Wandel der Lage und stellen alle bisherigen Prognosen infrage. Außer dieser einen, dass Marine Le Pen beste Chancen hat, die Stichwahl zu erreichen. Dass sie letztlich sogar siegt, erscheint zwar unwahrscheinlich, weil eine Mehrheit der Franzosen ihre rassistischen, muslimfeindlichen Thesen ablehnt. Klar ist aber: Die Affären der anderen stärken sie.

Zwar hängen ihrer Front National selbst Korruptionsskandale an, die sich sowohl vom Europäischen Parlament als auch vom französischen Staat hohe Summen erschlichen haben soll. Doch das scheint die Anhänger der Frau nicht zu stören, die mit der Kritik am verkommenen System ein ideales Thema gefunden hat. Le Pen mag selbst nicht ehrlicher sein als die anderen, sie sammelt trotzdem erfolgreich die von der Politik Verdrossenen auf. Und davon gibt es nun noch einige mehr – zu Recht.

Auch wenn Fillon noch der Beweis gelingen sollte, dass er Frau und Kindern legal ein Spitzengehalt zukommen ließ – moralisch lässt sich das kaum rechtfertigen. Wer kann ihm noch Vertrauen schenken? Sein Image als überkorrekter Staatsmann, auf dem er seinen Erfolg mit aufgebaut hat, ist angekratzt. Weil den Konservativen ein Alternativkandidat fehlt, aber auch die Sozialisten mit ihrem Kandidaten Benoît Hamon und dessen Positionen kaum eine Gewinnchance haben, tun sich neue Konstellationen auf: Erstmals könnten beide großen Volksparteien die Stichwahl verpassen. Le Pen würde profitieren.

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