NRW Laschet muss bei der Klimapolitik aufholen

Berlin/Düsseldorf · Beim Umweltschutz ist das Profil des CDU-Politikers dünn. Er wird nun die Grünen verprellen müssen – oder die FDP.

Als es im Herbst darum ging, wer Bundeskanzlerin Angela Merkel an der CDU-Spitze nachfolgen soll, schwieg der mächtige Bundesvize Armin Laschet. Aber Weggefährten mahnten, als Vorsitzender des einflussreichsten CDU-Landesverbandes werde er seine Ambitionen auf Bundesebene nicht aufgeben. Er sei eben ein „Witterungspolitiker“, der auf den richtigen Moment warte. Seit einigen Wochen hat der 58-Jährige diese Witterung offensichtlich aufgenommen.

Der sozial denkende Mitte-Politiker galt bislang als Unterstützer der neuen CDU-Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Umso erstaunter ist die Partei, dass er jetzt erste Pfeile gegen sie schießt. Erst wegen ihres – anfänglichen – strikten Neins zu einer CO2-Steuer und jetzt bei der Frage von Verhalten und Haltung von Meinungsmachern im Internet.

Konkurriert Laschet gegen AKK? Er soll sie auch nie vorgewarnt oder in den jüngsten Krisen beraten haben, wie sie da wieder rausfinden könne. Er ist auch mit sich selbst und den Ergebnissen in NRW bei der Europawahl beschäftigt. „Überall Grün, Grün, Grün“, klagte er am Montag bei einer CDU-Vorstandssitzung im Konrad-Adenauer-Haus nach Teilnehmer-Angaben. Er sieht eigene Felle davonschwimmen.

Laschet hat Nachholbedarf beim Thema Klimaschutz

Die Europawahl dürfte Laschet vor Augen geführt haben, dass er beim boomenden Thema „Klimaschutz“ aufholen muss, wenn er auch auf Bundesebene nach höheren Ämtern strebt. Denn in seinem derzeitigen Hauptberuf als NRW-Ministerpräsident ist Laschet massiv in die klimapolitische Defensive geraten.

So sind die knapp 15 Milliarden Euro, die NRW aus dem insgesamt 40 Milliarden Euro schweren Hilfspaket des Bundes für die vom Braunkohle-Stopp betroffenen Bundesländer erhalten soll, ein objektiver Verhandlungserfolg der schwarz-gelben Landesregierung. Die meisten Insider hatten mit einem kleineren Anteil für NRW gerechnet. Trotzdem verblasste der Erfolg in der vergangenen Woche hinter dem Vorwurf der wiedererstarkten NRW-Grünen, Laschet könne nur über Geldzuweisungen unterrichten, aber nicht über die Umsetzung der Klimaschutzziele in NRW und damit den eigentlichen Zweck der Fördergelder.

„So lange Laschet den Kohleausstiegspfad nicht klarstellt, ist das Betrug an der Umweltbewegung“, wirft Grünen-Fraktionschefin Monika Düker dem Ministerpräsidenten vor. Von dem versprochenen neuen Energiekonzept der Landesregierung liegt noch immer nicht mehr vor als eine vage Ankündigung des NRW-Wirtschaftsministers Andreas Pinkwart (FDP). Als Düker der schwarz-gelben Landesregierung noch in der vergangenen Woche im Landtag vorwarf, dass in NRW in den ersten Monaten des Jahres gerade mal drei neue Windräder entstanden sind und schwarz-gelb die Flächen für Windenergie in NRW halbiert habe, wussten CDU und FDP dem wenig entgegen zu setzen.

Hambacherrforst ist die Klimadebatte in NRW

Prominentester Schauplatz der Klimadebatte in NRW ist der Hambacher Forst. Obwohl die NRW-Grünen selbst 2016 noch einer Leitentscheidung zum NRW-Braunkohle-Tagebau zugestimmt haben, die eine Abholzung des Forsts überhaupt erst ermöglichte, verkauften sie sich bis weit in das bürgerliche Lager hinein erfolgreich als unbeugsame Schützer des Waldgebietes. Derweil wirkte die Räumung des Waldes unter der Regie von Innenminister Herbert Reul (CDU), die eine Rodung vorbereiten sollte, öffentlich wie ein unmittelbarer Angriff der CDU auf den Wald. So wurde das Thema Hambach zum Image-Desaster für die CDU. Auch das schnelle Aus für NRW-Umweltministerin Christina Schulze Föcking hat nicht gerade auf die Öko-Kompetenz der CDU eingezahlt. Die Christdemokratin war erkennbar mit der Führung ihres Ministeriums überfordert.

Während die Stimmung im Land und die Opposition von Laschet mehr Umweltschutz einfordern, zerrt auf der anderen Seite die Wirtschaft. „Nachdem in NRW zuvor zu häufig gebremst und verhindert wurde, hat die neue Landesregierung die wirtschaftspolitische Grundstimmung verbessert“, sagt der Unternehmerverband NRW. Allerdings stehe „der im Koalitionsvertrag vereinbarte Abbau der überzogenen Umweltregulierung“ noch aus.

Laschet war in den 1990er Jahren als Mitglied der Bonner „Pizza-Connection“ ein schwarz-grüner Vordenker. Mit etlichen Grünen-Politikern versteht er sich überraschend gut. Zugleich koaliert er mit der FDP. Er läuft Gefahr, eines der beiden Lager zu verprellen.

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