Kommentar zum deutsch-türkischen Weihnachtsstreit Kultur radikal

Meinung | Berlin · Recep Tayyip Erdogan ist mit seinem landesweiten Großreinemachen weit gekommen. Die Türkei hat sich inzwischen bis in die Klassenzimmer hinein verändert.

 Das Schild der Lisesi Schule in Istanbul.

Das Schild der Lisesi Schule in Istanbul.

Foto: dpa

Recep Tayyip Erdogan ist mit seinem landesweiten Großreinemachen weit gekommen. Die Türkei hat sich inzwischen bis in die Klassenzimmer hinein verändert. Am Istanbul Lisesi, einem mit deutschem Steuergeld finanzierten und von türkischen Schülern besuchten Elitegymnasium in Istanbul, haben sie versucht, Weihnachten als Unterrichtsthema abzuschaffen. Zwar ist die Schulleitung inzwischen von ihrem Weihnachts-Verbotserlass abgerückt: War alles nicht so gemeint. Aber auch dieser nächste Unfall in den deutsch-türkischen Beziehungen zeigt: Es geht immer noch schlechter.

Erdogan hätte vielleicht richtig zuhören sollen, als 2010 der damalige Bundespräsident Christian Wulff erst gesagt hat, dass der Islam mittlerweile zu Deutschland gehöre. Aber dann mahnte Wulff in einer Rede vor dem türkischen Parlament eben auch die Religionsfreiheit an und betonte, dass das Christentum inzwischen auch „zweifelsfrei zur Türkei“ gehöre.

Erdogans Politik ist hart, radikal und unerbittlich: Minderheiten lässt er noch kleiner machen, die Meinungsfreiheit wird unterdrückt, die Opposition eingeschüchtert und teilweise weggesperrt, kritische Medienhäuser lässt er schließen. In einer solchen Atmosphäre der Angst ignoriert eine Schulleitung im vorauseilenden Gehorsam gerne auch Geist und Buchstaben des deutsch-türkisches Kulturabkommens.

Erdogan zeigt sich unbeeindruckt von jeglicher Kritik aus dem Ausland. Die Türkei hat der Sultan von Ankara jedenfalls verwandelt: In einen autoritären Staat, in dem jeden Monat mehr Freiheiten kassiert werden.

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