Kommentar zum Streit bei Jamaika und der Cop23 Knackpunkt Klima

Meinung | Bonn · Will Deutschland seine nationalen Klimaziele tatsächlich erreichen, muss es seine Energiepolitik umsteuern, kommentiert Holger Möhle.

 Die Zeltstadt in der Bonner Rheinaue.

Die Zeltstadt in der Bonner Rheinaue.

Foto: Benjamin Westhoff

In diesen Tagen, da CDU, CSU, FDP und Grüne versuchen, ihr Schiff nach Jamaika klarzumachen, checkt die Welt bei der Cop23 in Bonn ein. Zwei Mal geht es ums Klima – um nationale Klimapolitik und ums Weltklima. Einhalten der nationalen Klimaziele wie auch das unbedingte Bekenntnis, am 2015 in Paris beschlossenen Weltklimavertrag festzuhalten.

Das Klima reagiert mit Verzögerung auf den Raubbau des Menschen an seinen eigenen Lebensgrundlagen. Deswegen würden vier Jahre eines US-Präsidenten Donald Trump, der den Austritt der USA aus dem Pariser Vertrag erklärt hat, vom Weltklima noch toleriert. Ironie der Geschichte: Der Ausstieg der USA würde aller Voraussicht nach erst am 4. November 2020 wirksam, einen Tag nach der nächsten Präsidentschaftswahl. Wer weiß schon, was dann ist – und vor allem wer?!

Hierzulande suchen derzeit vier Parteien nach ihrem goldenen Mittelweg für die Klima- und Energiepolitik der nächsten vier Jahre – natürlich mit Wirkung darüber hinaus. Die Grünen geben sich dabei am progressivsten. Abschalten der 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke sofort, Ende des Verbrennungsmotors 2030. Über allem aber steht der Zwang , die Versorgungssicherheit der viertgrößten Volkswirtschaft der Erde mit Umweltverträglichkeit und der notwendigen Wirtschaftlichkeit in Balance zu bringen. Berlin und Bonn, Jamaika und Cop23, können nicht außer Acht lassen, dass der Klimawandel – von Trump geleugnet – längst schon sichtbar ist.

Die Wetterextreme nehmen zu, die Erde wird sich deutlich erwärmen, wenn das Zwei-Grad-Ziel (besser 1,5 Grad) nicht erreicht wird. Bestimmte Länder, wie beispielsweise die Fidschi-Inseln, die die Präsidentschaft dieser 23. Weltklimakonferenz in Bonn haben, drohen bei weiter ungebremster Erderwärmung im Meer zu versinken. Nicht Weltuntergang, aber doch ein ernstes Szenario, das weitere Flüchtlingsströme auslösen wird, weil die Menschen neue Lebensräume suchen müssen. Der Kampf um Nahrung und sauberes Wasser wird zunehmen.

Will Deutschland seine nationalen Klimaziele tatsächlich erreichen und den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 (bis 2030 um 55 Prozent) zurückfahren, muss es seine Energiepolitik umsteuern. Der Ausbau und die schrittweise Umstellung auf Erneuerbare Energien sind unter den eventuellen Partnern einer Jamaika-Koalition unstrittig.

Der Weg dorthin ist es nicht.Mitunter müssen gerade die Grünen für ein Zustandekommen dieser schwarz-gelb-grünen Koalition über die höchste Hürde. Sie haben sich selbst und ihren Anhängern den Kohleausstieg versprochen. Doch Kohleausstieg plus Abschalten des letzten Atommeilers 2022 werden schwierig. Dabei steckt in einer Jamaika-Koalition, die es seriös mit den Partnern meint, Reformpotenzial. Man muss es ja nicht gleich Vision nennen.

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