Interview mit Jürgen Trittin "Klare Botschaft für Rot-Grün"

Es könnte ab November einen sehr "norddeutschen Wahlkampf" geben, meint Jürgen Trittin. Denn dann steht auch fest, wer bei den Grünen Spitzenkandidat bei der nächsten Bundestagswahl wird. Der Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen im GA-Interview.

 "Wir wollen die Mehrheit für Rot-Grün": Jürgen Trittin.

"Wir wollen die Mehrheit für Rot-Grün": Jürgen Trittin.

Foto: ap

Halten Sie die Nominierung Peer Steinbrücks zum Kanzlerkandidaten der SPD für eine richtige Entscheidung?
Trittin: Es ist eine gute Nachricht für den Wahlkampf und eine schlechte für Frau Merkel. Dass der schwelende Streit in der SPD beendet ist, wer denn nun 2013 gegen die Kanzlerin antreten soll, ist für sich eine gute Entscheidung.

Sind Sie überrascht?
Trittin: Es gab drei mögliche Kandidaten. Da kann man nicht von wirklicher Überraschung sprechen, wenn einer es wird.

Was bedeutet seine Kandidatur für die Grünen?
Trittin: Sie bedeutet in erster Linie etwas für die SPD. Nämlich den Anspruch, tatsächlich Merkel herauszufordern und wieder auf einen sozialdemokratischen Kanzler zu setzen. Damit ist klar: Die SPD geht mit einer klaren Botschaft für ein rot-grünes Bündnis in den Bundestagswahlkampf. Steinbrück tritt ja nicht an, um Vizekanzler zu werden.

Sehen Sie denn damit schon die Weichen für eine Ampel gestellt?
Trittin: Wir sind doch nicht der Retter für die sieche FDP. Wir wollen eine rot-grüne Mehrheit. Ohne diese Mehrheit wird Steinbrück nicht Kanzler. Es gibt 2013 eine klare Alternative: Entweder eine große Koalition oder eine rot-grüne. Was die Grünen wollen, ist klar. Mit der heutigen Ansage ist nunmehr klar, dass die SPD das auch will.

Sehen Sie mehr Chancen für die Grünen durch die Kandidatur Steinbrücks?
Trittin: Grüne wie die SPD wollen Schwarz-Gelb und Merkel ablösen. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gab es bereits deutliche rot-grüne Mehrheiten. Diese Hürde muss nun auch im Bund übersprungen werden.

Da Sie gerade NRW erwähnen: Da waren die Erfahrungen der Grünen mit Steinbrück nicht immer positiv. Hat er sich in der Bundespolitik in den letzten Jahren gewandelt?
Trittin: Koalitionen sind keine Liebesheiraten, da gibt es auch Konflikte. Ich hatte nach den anfänglichen Schwierigkeiten in Nordrhein-Westfalen den Eindruck, dass es dort ganz gut mit den Grünen funktioniert hat. Mittlerweile ist in beiden Parteien ein rationalerer Umgang miteinander möglich. Das hat auch mit verschobenen Kräfteverhältnissen zu tun - wir haben deutlich aufgeholt. 1998 hatte die SPD noch 42 Prozent und wir sechseinhalb Prozent.

Was bedeutet die Entscheidung für Steinbrück für die SPD-Linke?
Trittin: Ob er oder einer der beiden anderen Kandidaten-Kandidaten: Zwischen den Dreien waren keine wirklichen Richtungsunterschiede zu erkennen.

Wofür steht denn Steinbrück in für Grüne wichtigen Politikfeldern wie Umweltschutz und Energiepolitik?
Trittin: Ich glaube, Steinbrück steht vor allem dafür, dass er die Kanzlerin in dem Feld herausfordert, in dem er offensichtlich hinzugelernt hat und sie nicht - nämlich in der Euro-Schuldenkrise. Dass sich die Banken- zu einer Euro-Krise entwickelt hat, hängt damit zusammen, dass diese Regierung nicht die Ursachen angegangen ist, also die fehlerhafte Regulierung der Banken. Mit Grün und Rot gibt es ein Alternativangebot, nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa. Das zeigt, dass es ein anderes Deutschland geben kann, das seiner Führungsverantwortung in Europa wirklich gerecht wird.

Was halten Sie von seinem Bankenpapier, das er diese Woche vorgestellt hat?
Trittin: Es greift viele Forderungen auf, die wir seit Jahren hochgehalten haben und die gerade die Fehler korrigieren sollen, die das damalige Wirken des Bundesfinanzministers Steinbrück in der Großen Koalition geprägt haben.

Raten Sie Steinbrück, sein Temperament zu zügeln?
Trittin: Ich bin nicht dazu da, Wahlkampfcoaching für einen SPD-Kandidaten zu betreiben. Es könnte ab November ein sehr norddeutscher Wahlkampf werden, mit einem grünen Bremer, einem roten Hamburger und einer schwarzen Mecklenburgerin.

Zur Person
Jürgen Trittin (58) galt früher als schwer vermittelbar, ein Raubein und stets angriffslustig. Er hat Gerhard Schröder in drei rot-grünen Kabinetten als Minister gedient, erst in Niedersachsen, ab 1998 im Bund. Als Umweltminister handelte er den Atomausstieg aus, führte das umstrittene Dosenpfand ein und das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Heute ist der Fraktionschef im Bundestag der Hoffnungsträger der Grünen, bewirbt sich wieder um die Spitzenkandidatur seiner Partei für die Bundestagswahl.

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