Japans Parlament macht Weg für Neuwahlen frei

Tokio · Japan steht drei Jahre nach dem historischen Wahlsieg der Demokratischen Partei erneut vor einem Machtwechsel.

 Ministerpräsident Yoshihiko Noda (L) hatte die Erfüllung seiner politischen Ziele zur Bedingung dafür gemacht, noch am selben Tag das Unterhaus des Parlaments aufzulösen. Foto: Kimimasa Mayama

Ministerpräsident Yoshihiko Noda (L) hatte die Erfüllung seiner politischen Ziele zur Bedingung dafür gemacht, noch am selben Tag das Unterhaus des Parlaments aufzulösen. Foto: Kimimasa Mayama

Foto: DPA

Der im Umfragetief steckende Partei- und Regierungschef Yoshihiko Noda ließ das Parlament am Freitag auflösen und machte damit den Weg für Neuwahlen frei, die am 16. Dezember stattfinden - ein halbes Jahr vor dem regulären Termin. Nach Umfragen hat Nodas Widersacher, der rechtskonservative Chef der Liberaldemokratischen Partei LDP, Shinzo Abe, gute Chancen, an die Macht zurückzukehren. Sollte jedoch auch die LDP die Mehrheit verfehlen, könnten neue kleine Rechtsparteien als dritte Kraft zu einem wichtigen Faktor bei den Wahlen werden.

Abe will mit einer aggressiven Lockerung der Geldpolitik die Wirtschaft vor der Rezession bewahren. Im Gegensatz zur DPJ ist die LDP, die der wichtigen Wählergruppe der Landwirte nahesteht, auch gegen den Beitritt zum asiatisch-pazifischen Freihandelsabkommen TPP unter Führung der USA. Außenpolitisch gilt Abe als Hardliner. Im andauernden Streit mit China um unbewohnte Inseln im Ostchinesischen Meer pochte der erzkonservative Politiker auf Japans Besitzanspruch.

Nodas Demokratische Partei (DPJ) hatte die LDP 2009 nach mehr als 50 Jahren fast ununterbrochener Herrschaft von der Macht verdrängt. Die DPJ wollte die Politik und das Land erneuern. Doch angesichts unerfüllter Wahlversprechen, Finanzskandalen und der wirtschaftlichen Stagnation hat sich im Volk zunehmend Frust breitgemacht. Die Zustimmungswerte für den erst seit gut einem Jahr regierenden Noda - der sechste Premier in sechs Jahren - sind unter 20 Prozent gesackt.

Dazu trugen von Noda mit Vorrang betriebene Steuererhöhungen bei. Auch dass ein Teil der für den Wiederaufbau der Tsunami-Gebiete vorgesehenen Geldmittel für ganz andere Zwecke wie dem Walfang abgezweigt wurden, während andere Gelder auch nach eineinhalb Jahren noch nicht investiert sind, haben ihm viele Japaner verübelt. Angesichts des Umfragetiefs gab es in der DPJ Widerstand gegen frühe Wahlen. Seit Nodas Entscheidung treten immer mehr Abgeordnete aus.

Als Bedingung für die Auflösung des Parlaments rang Noda der LDP die Zustimmung für eine Wahlreform und ein Gesetz zur Ausgabe von Staatsanleihen ab. Die LDP hatte Gesetze wie das für Staatsanleihen mit ihrer Mehrheit im Oberhaus blockiert, um Noda in die Knie zu zwingen. Die Staatskasse der drittgrößten Volkswirtschaft drohte auszutrocknen. Schon bald hätten Beamte nicht mehr bezahlt werden können, der Aufbau der Tsunami-Region hätte sich weiter verzögert.

LDP-Chef Abe kündigte am Freitag einen "historischen Kampf" für einen Wahlsieg an. Unklar ist jedoch, ob die LDP und ihr traditioneller Partner Komeito alleine die Mehrheit erringen können. Vor diesem Hintergrund könnten kleine rechtskonservative Parteien, die "Restaurationspartei für Japan" des populären Bürgermeisters von Osaka, Toru Hashimoto, und die neue "Sonnenaufgangspartei" des nationalistischen Ex-Gouverneurs von Tokio, Shintaro Ishihara, zu einem wichtigen Faktor werden. Die beiden Politiker verhandeln darüber, ihre Parteien zu fusionieren.

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