Polizei bei Fußballspielen Jäger will NRW-Bereitschafts-Einheiten bei risikolosen Begegnungen begrenzen

KÖLN/DÜSSELDORF · NRW will die Zahl der Polizisten bei friedlichen Bundesliga-Spielen deutlich reduzieren. Für Spiele, bei denen es in den letzten drei Jahren keine Gewalt gegeben hat, soll es dann keine oder erheblich weniger Polizeipräsenz geben.

 Einsatz im Stadion: Polizisten beziehen nach dem Spielende Aufstellung auf dem Feld, während Fans Bengalos abbrennen.

Einsatz im Stadion: Polizisten beziehen nach dem Spielende Aufstellung auf dem Feld, während Fans Bengalos abbrennen.

Foto: dpa

Innenminister Ralf Jäger (SPD) will damit Kosten und Personal sparen. Ein Drittel aller Einsätze der Hundertschaften erfolgt heute bei Fußballspielen der ersten drei Ligen.

Das Projekt sieht eine Pilotphase von vier Spieltagen vor, in dem eine stärkere Differenzierung von Polizeieinsätzen zwischen den Fußballspielen erprobt werden soll. "Ich sage es ganz deutlich. Einsätze bei Risikospielen bleiben unangetastet", sagte Jäger. Der neue Erlass sieht vor, dass das Landesamt die "Zuweisung von Kräften aus Anlass von Fußballspielen kritisch und mit engem Maßstab" prüfen will. Jäger stellte aber klar, dass der Einsatzleiter zuständig bleibt für den Polizeieinsatz bei Fußballspielen.

Künftig soll bei "Nicht-Risiko-Spielen" die Polizeibegleitung der Fans von Bahnhöfen und Flughäfen zum Stadion reduziert werden. So sei es nicht in jedem Fall nötig, "dass die Polizei vorne weg fährt", sagte Jäger. In Stadien sollen eigene Sicherheitskräfte der Vereine für Ruhe und Ordnung unter den Zuschauern sorgen. Wenn die Gefahrenanalyse kein besonderes Gewaltpotenzial sieht, soll es keine Hundertschaften am Spielfeldrand geben. Bei risikoreichen "Derbys" will der Minister aber keine Abstriche bei Polizeieinsätzen machen.

Jäger begründete den Vorstoß damit, dass die Zahl der Spiele in NRW in den ersten drei Ligen von 210 auf 231 in dieser Saison steigen wird. "Die Polizei sorgt für Sicherheit bei Fußballspielen. Wir müssen aber den Kräfteeinsatz optimieren", sagte Jäger. "Wir sparen nicht, wir müssen nur den Aufwuchs begrenzen." Einen weiteren Anstieg der Kosten könne er den Steuerzahlern nicht mehr vermitteln.

[kein Linktext vorhanden]Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP in NRW, Arnold Plickert, lehnte es ab, dass sich die Polizei in die Hinterhöfe zurückzieht. Auch ein Verzicht auf die Begleitung von Bussen und Fans zu den Stadien sei angesichts von 1500 bis 1800 gewaltbereiten Fans in NRW sinnvoll. Liga-Präsident Reinhard Rauball stand dem Pilotprojekt offen gegenüber. Die Polizei dürfe sich aber nicht aus dem öffentlichen Raum zurückziehen. Jäger lobte den offenen Dialog zwischen Politik und Verbänden: "Die bleihaltige Luft von früher ist weg."

Laut Erlass soll sich die Polizei künftig "anlassunabhängig nicht offen im Stadion zeigen". In diesem Zusammenhang lobte Jäger die Vereinsführung des 1.FC Köln, der Gewalttäter unter den Fans erfolgreich isoliert habe. "Die Vereine tun deutlich mehr", sagte Jäger. Auch Fanclubs und Ultras setzten auf mehr Eigenverantwortung der Fans. Der Minister distanzierte sich vom "Bremer Modell", wonach dem Verein bei Risikospielen für den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte eine Rechnung ausgestellt werden soll. "Wir wollen nicht Geld einnehmen, aber auch nicht mehr ausgeben", sagte Jäger.

[kein Linktext vorhanden]GdP-Landeschef Plickert fürchtete, dass Hooligans künftig verstärkt die Innenstädte und den Nahverkehr unsicher machen, wenn die Polizei nicht präsent ist. Dann müsse das Innenministerium die Verantwortung für Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten übernehmen. Minister Jäger hielt aber an der Pilotphase fest. Bei Spielen wie Leverkusen gegen Mainz brauche man keine Hundertschaft, da reichten auch zwei Züge aus. Dagegen gebe es in der neuen Saison nach dem Aufstieg von Köln zusätzliche Westderbys in NRW, die als Risikospiele einzustufen seien. "Wir werden am Ende mehr Einsatzstunden der Polizei haben", sagte Jäger. "Ich kann aber nicht noch mal zehn Prozent mehr einsetzen."

Christian Lindner, Chef der FDP im NRW-Landtag, lehnt Jägers Pläne ab: "Der NRW-Innenminister sollte seinen Apparat verschlanken und auf PR-Aktionen wie Blitzer-Marathons verzichten. Dann hat er für Kernaufgaben wie den Schutz von Großveranstaltungen und die Bekämpfung von Einbrüchen mehr Kapazitäten."

Was der FC und Bayer 04 sagen

FC-Präsident Werner Spinner begrüßt das Pilotprojekt der NRW-Polizei. Ein solches Konzept habe man seitens des 1. FC Köln zusammen mit der Kölner Polizei in der Vorsaison bereits angewandt. Dadurch könnten Steuergeld gespart und Überstunden bei Polizisten reduziert werden.

[kein Linktext vorhanden]Außerdem könne eine Verringerung der Polizeipräsenz deeskalierend wirken. "Es liegt nun an den Fans, einem solchen Vertrauensvorschuss gerecht zu werden." Während beim Spiel gegen den Hamburger SV (23.8.) weniger Polizeikräfte zum Einsatz kommen könnten, wird dies beim als Risikospiel eingestuften Derby gegen Borussia Mönchengladbach (21.9.) nicht der Fall sein.

Beim Nachbarn Bayer 04 Leverkusen will man zunächst mit der Polizei darüber sprechen, wie die Reduzierung der Polizeikräfte aussehen soll. Aus Sicht von Meinolf Spring, Kommunikationsdirektor von Bayer 04, sind die betroffenen Spiele gegen Hertha BSC (30.8.) und Werder Bremen (12.9.) keine sicherheitsrelevanten Begegnungen.

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