Kommentar zur bayerischen Grenzpolizei In Thesen verfangen

Meinung | München · Mit der Grenzpolizei will die CSU vor allem im Hinblick auf die Landtagswahl in Bayern punkten. Dabei sind die ausgehandelten Rücknahmeabkommen mit anderen EU-Ländern deutlich wirksamer, meint GA-Autor Gregor Mayntz.

 Bundesinnenminister Horst Seehofer und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann beobachten die Grenzkontrollen der bayerischen Polizei an der Grenzkontrollstelle Saalbrücke in Freilassing.

Bundesinnenminister Horst Seehofer und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann beobachten die Grenzkontrollen der bayerischen Polizei an der Grenzkontrollstelle Saalbrücke in Freilassing.

Foto: dpa

An vielen Stellen Deutschlands ist die Bundespolizei derzeit schwach aufgestellt, weil die Kollegen Rund-um-die-Uhr-Schichten an der deutsch-österreichischen Grenze schieben. Nicht etwa, weil sie es mit vielen neuen Migranten zu tun hätten – die 24 Stunden geöffneten Registrierungs- und Aufnahmeeinrichtungen weisen sich zumeist durch gähnende Leere aus. Es geht um Wahlkampf. Bayern wählt am 14. Oktober. Und die CSU ist nervös.

Es ist noch keine zwei Monate her, da fuhr der CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer nach einer Krisennacht in München in den Norden, um den Konflikt mit der CDU über Zurückweisungen an den Grenzen zu beenden. Zugleich fuhr CSU-Ministerpräsident Markus Söder in den Süden, um eine neue Polizeitruppe in Dienst zu stellen: 500 Grenzschützer, deren Stärke in den nächsten Jahren auf 1000 wachsen soll. Es ist im Grunde das Misstrauen der CSU in Bayern gegenüber der CSU im Bund. Denn wenn die Partei nach dem Posten des Innenministers greift, um sicherzustellen, dass genügend Polizisten die Grenzen schützen, müsste sie eigentlich nicht auch noch selbst die Landespolizei an die Grenzen schicken, wofür sie nicht zuständig ist.

Es gibt pragmatische Gründe, die Aufgabentrennung zwischen Bundes- und Landespolizei vor Ort flexibel zu handhaben. Wenn die Bundespolizei Haftbefehle vollstreckt, die Landespolizei aber die Fahrt zur Haftanstalt zu übernehmen hat, kann man sie auch direkt an der Grenze stationieren, statt sie jedes Mal herbeirufen zu müssen. Aber den Eindruck zu erwecken, die Grenze werde besser geschützt, wenn es eine eigene Landesgrenzpolizei gebe, muss ins Leere gehen, wenn die Wähler erfahren, dass die Landespolizisten in jedem einzelnen Fall nur tätig werden dürfen, wenn die Bundespolizei den Auftrag erteilt.

CSU bleibt Gefangene ihrer Propaganda

Die erste Zwischenbilanz von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und seinem Parteichef und Amtskollegen Seehofer bestätigt diese These: Wenn es die neuen Landesgrenzschützer vor allem mit Verkehrsdelikten (640) und Drogenkriminalität (475) zu tun bekamen und in deutlich geringerem Umfang mit unerlaubter Einreise (220), dann klingt das nach typischen Erfolgsmeldungen der Schleierfahndung, deren Notwendigkeit niemand in Abrede stellt. Es belegt nicht die von der CSU zur Begründung aufgestellte These, nur mit zusätzlichen Landespolizisten lasse sich unerlaubte Migration innerhalb Europas stoppen.

Dabei könnte Seehofer mit anderen Erfolgen punkten: Schneller als erwartet hat er mit seinen Ministerkollegen Rücknahmeabkommen mit Spanien und Griechenland hingekriegt, und selbst mit Italien glaubt er bald abschlussfähig zu werden. Das entlastet das deutsche Flüchtlingsschutzsystem wesentlich wirksamer als jede symbolische Polizeistationierung. Die CSU bleibt Gefangene ihrer Propaganda.

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