SPD-Abgeordneter Michael Hartmann Im Netz der Drogenfahnder

BERLIN · Michael Hartmann stand auch für den wehrhaften Staat. Jetzt muss sich der SPD-Innenpolitiker selbst wehren.

Es sollte ein schöner Abend werden. Alles war angerichtet für das jährliche Hoffest der SPD-Bundestagsfraktion, als die Nachricht hereinplatzte, dass der Bundestag die Immunität eines SPD-Abgeordneten aufgehoben hatte. Ausgerechnet Hartmann, munkelten nicht wenige Genossen. Der Rheinland-Pfälzer Michael Hartmann, 51 Jahre alt, früher Regierungsangestellter, ist mittlerweile in der vierten Legislaturperiode Abgeordneter.

Diese Karriere dürfte beendet sein. Denn jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Hartmann wegen des "Verdachts eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz", wie ein Sprecher sagt. Dabei soll es nicht um irgendeine Droge gehen, sondern um Chrystal Meth, die gegenwärtig als gefährlichste Droge der Welt gilt. Die synthetische Droge soll sofort abhängig machen und dabei auch extreme Hirnschäden verursachen.

Ja, ausgerechnet Hartmann. Der Rheinland-Pfälzer aus Wackernheim hatte sich in den Jahren als Parlamentarier in Berlin einen Namen gemacht - als innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, einer, der auch in den Wogen der NSA-Affäre mahnte, auch der Staat müsse prüfen, ob er in Zeiten des weltweiten Internets die richtigen Mittel zur Hand habe.

Dabei hatte er nicht nur Mitstreiter. Hartmann ist auch Mitglied des geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) zur Kontrolle der Geheimdienste und kommt dabei an Informationen, die gemeinhin auch als Staatsgeheimnis durchgehen können. Ein PKGr-Mitglied, das Kontakt ins Drogenmilieu hat und womöglich selbst abhängig ist, gilt als Sicherheitsrisiko. Hartmann ist schon allein deswegen kaum mehr zu halten.

So überrascht auch nicht, dass die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, unmittelbar nach Bekanntwerden des Verdachts gegen ihren Fraktionskollegen betonte: "Die SPD-Fraktion unterstützt die Arbeit der Staatsanwaltschaft. Die Vorwürfe müssen schnell und umfassend aufgeklärt werden."

Noch gestern Morgen hatte sich Lambrecht über das konstruktive Klima in der großen Koalition gefreut. Die Union ziehe bei sozialpolitischen Projekten, die der SPD am Herzen liegen, mit. Heute soll der gesetzliche Mindestlohn durchs Parlament gebracht werden - ohne ihren einstigen innenpolitischen Sprecher. Hartmann war gestern Abend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Er ist nach Sebastian Edathy inzwischen der zweite SPD-Parlamentarier in dieser Legislaturperiode, gegen den Antrag auf Aufhebung der Abgeordnetenimmunität gestellt worden ist. Seine politische Karriere dürfte analog zu Edathy beendet sein. Noch in der Bundestags-Debatte zur Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung hatte Hartmann dafür plädiert, auf "Selbstheilungskräfte und Selbsthygiene" zu setzen, aber bitte wohl gemerkt auf der Basis klarer Regeln. Jetzt ist Hartmann selbst auf Heilung beziehungsweise Selbstheilung angewiesen.

Die rheinland-pfälzische SPD zeigte sich überrascht und schockiert von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. "Wir kennen Michael Hartmann seit vielen Jahren als engagierten und rechtsbewussten Politiker", hieß es.

Untersuchungsausschuss zu Edathy eingesetzt

Eigentlich sei in der Edathy-Affäre doch schon alles erzählt, und es gebe auch nicht mehr viel zu untersuchen. Wer das sagt? Eva Högl, 45 Jahre alt, SPD-Bundestagsabgeordnete. Die Aussage Högls, es gebe in der Causa Edathy nur noch wenig zu beleuchten, ist insofern bemerkenswert, als die Juristin seit Mittwoch als Vorsitzende den neu eingerichteten BKA-Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Edathy-Affäre leitet.

Högl, eine Vorsitzende eines Untersuchungsausschusses, der womöglich der richtige Antrieb zur Aufklärung fehlt? So weit werde es nicht kommen, beteuert Högl, obwohl sie ihr Urteil über den Fall Edathy schon gefällt hat: "Die Geschichte ist meiner Meinung nach erzählt, alle wesentlichen Fragen sind beantwortet." Doch sie stellt sich dieser nächsten Aufgabe mit stundenlangen Sitzungen: Wurde Edathy womöglich gewarnt? Und was ist die Rolle des BKA? Das soll der Ausschuss aufklären. Mit Högl an der Spitze.

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