Festnahmen bei der Demokratiebewegung Hongkongs Behörden verstärken den Druck

Berlin · Joshua Wong und weitere Demokratie-Aktivisten sind am Freitag vorübergehend festgenommen worden. Für das Wochenende wurde ein Demonstrationsverbot verhängt. Auch China lässt die Muskeln spielen.

 Vorübergehend festgenommen: Joshua Wong und Agnes Chow.

Vorübergehend festgenommen: Joshua Wong und Agnes Chow.

Foto: dpa

Er war die Ikone von Hongkongs Regenschirmbewegung vor fünf Jahren. Damals waren in der ehemaligen britischen Kronkolonie und heutigen chinesischen Sonderverwaltungszone schon einmal Hunderttausende für mehr Demokratie auf die Straße gegangen. Auch wenn die Bewegung dieses Mal keine klare Führung hat – nicht zuletzt um Repressionen zu entgehen – ist auch dieses Mal Joshua Wong das Gesicht der Proteste. Am Freitag haben Hongkonger Sicherheitskräfte den 22-Jährigen dennoch festgenommen. Und mit ihm seine Mitstreiterin Agnes Chow.

Joshua Wong sei am Freitagmorgen auf dem Weg zur Arbeit gegen 7.30 Uhr auf offener Straße in ein Zivilfahrzeug verfrachtet worden, teilte seine Partei Demosisto auf Twitter mit. Agnes Chow hätten die Sicherheitskräfte zu Hause festgenommen. Kurze Zeit später seien die beiden auf Kaution freigelassen worden, gab Demosisto später am Tag bekannt. Den beiden Aktivisten wird vorgeworfen, andere zur Teilnahme an einer illegalen Versammlung am 21. Juni animiert und selbst daran teilgenommen zu haben. Wong muss sich zudem für die Organisation der Demonstration verantworten.

Bereits am Donnerstagabend ist einem Bericht der Nachrichtenwebseite „Hongkong Free Press“ zufolge am Flughafen der Anführer der verbotenen Unabhängigkeitspartei Hong Kong National Party, Andy Chan, festgenommen worden. Er war auf dem Weg nach Japan. Ihm werde die Teilnahme an Krawallen und ein tätlicher Angriff auf einen Polizisten vorgeworfen.

Am Donnerstag hatte die Polizei sämtliche fürs Wochenende geplanten Großdemonstrationen und Kundgebungen der Demokratiebewegung gegen die pekingtreue Führung der Sonderverwaltungszone verboten. Eine Premiere. Zuvor hatte es lediglich Verbote von einzelnen Aktionen an sensiblen Orten wie etwa der Vertretung von Chinas Führung gegeben.

Einspruch gegen Demonstrationsverbot wurde abgelehnt

Die Behörden begründen das generelle Demonstrationsverbot damit, dass Teilnehmer der Demonstration „gewalttätige und destruktive Taten“ begehen könnten. Bei den Protesten vergangenes Wochenende hätten Demonstrierende „nicht nur Feuer gelegt und Straßensperren errichtet, sondern auch Brandbomben, Stahlkugeln, Steine, lange Speere und verschiedene selbst gefertigte Waffen genutzt“.

Die Civil Human Rights Front, eine der Organisationen, die die Proteste angemeldet hatte, hatte gegen die Verbote kurzfristig Einspruch erhoben. Dieser sei jedoch abgelehnt worden, teilte die Mitorganisatorin Bonnie Leung mit. Ihr bleibe nichts anderes übrig, als den Marsch zur Vertretung der chinesischen Regierung in der Finanzmetropole abzusagen. Man wolle potenzielle Teilnehmer nicht gefährden. Mit der Absage wolle das Bündnis dafür Sorge tragen, dass niemand die rechtlichen Konsequenzen für eine Teilnahme tragen müsse.

Proteste gehen bereits in den dritten Monat

Die Proteste für mehr Demokratie in Hongkong gehen inzwischen in den dritten Monat. Die chinesische Sonderverwaltung gehört erst seit 1997 wieder zur kommunistisch regierten Volksrepublik. Den Bürgern der Stadt wurden für 50 weitere Jahre jedoch Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit gewährt, die auf dem chinesischen Festland nicht gelten. Viele Hongkonger sehen diese Rechte aber bereits jetzt schon unterhöhlt. Richtete sich der Protest zunächst vorwiegend gegen die Hongkonger Regierung, wenden sich die Forderungen immer mehr auch direkt an die autoritäre Führung in Peking. Doch die bleibt hart.

Inzwischen lässt die chinesische Führung in Peking auch direkt die Muskeln die Muskeln spielen. Sie ließ am Donnerstag gepanzerte Truppentransporter durch die Sonderverwaltungszone rollen. Der zwischen China und Großbritannien geschlossene völkerrechtliche Vertrag sieht ausdrücklich vor, dass Peking sich in diesen 50 Jahren nicht in die innenpolitischen Belange Hongkongs einzumischen hat. Der von staatlichen chinesischen Medien auf Videos verbreitete Vorgang wurde von Peking hingegen als „jährliche Routine-Rotation“ bezeichnet.

Angesichts der Verbote und der Verhaftungen rechnen Beobachter mit umso mehr Ausschreitungen an diesem Wochenende.

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