NRW Hilfe für gestresste Eltern

Viele Familien fühlen sich nach der Geburt eines Kindes hilflos, überfordert und isoliert. Das berichteten Vertreter der Familienbildung in Nordrhein-Westfalen am Freitag in Düsseldorf.

 Kleine Auszeiten können helfen, wenn der Alltag der jungen Familie zum Stress wird.

Kleine Auszeiten können helfen, wenn der Alltag der jungen Familie zum Stress wird.

Foto: dpa

"Junge Eltern stehen immer mehr unter Druck", sagte der Leiter der evangelischen Familienbildung Düsseldorf, Curt Schulz. Familienministerin Ute Schäfer (SPD) stellte herausragende Hilfsangebote vor. Dazu zählen die vom Land geförderten Projekte "Elternstart NRW" und "Wellcome".

Sie greifen Alltagsfragen gestresster Eltern auf, organisieren Treffen und schicken ohne bürokratische Anträge ehrenamtliche Helfer ins Haus. Insgesamt fördert das Land die Familienbildung mit rund 21,5 Millionen Euro jährlich.

Allein die Stadt Essen gebe jährlich insgesamt eine Million Euro für vorbeugende Hilfen aus, berichtete Oberbürgermeister Reinhard Paß. Die Ruhr-Metropole engagiert sich bei beiden - unabhängig von den Jugendämtern arbeitenden - Hilfsprojekten und finanziert darüber hinaus Baby-Erstbesuche vom Jugendamt und Familien-Coaches, die vor allem Eltern in schwierigen sozialen Milieus unterstützen.

"Wir erreichen auch die, bei denen die Türen vielleicht zubleiben, wenn das Jugendamt davorsteht", sagte Schulz, der auch das Landesbüro von "Wellcome" leitet. "Wellcome ist eine Art Nachbarschaftshilfe mit professionellem Hintergrund", erläuterte Schäfer. Denn anders als früher fehle vielen jungen Eltern die Unterstützung von heute oft weit weg wohnenden Familienmitgliedern oder Freunden.

"Wir schaffen kleine wichtige Auszeiten zum Durchatmen oder um wieder einen ganz entspannten Zugang zum Kind zu finden", sagte Schulz. Die typischen "Symptome" gestresster Jung-Eltern: "Das Kind schreit. Die Post stapelt sich. An Schlaf ist nicht zu denken."

In solchen Situationen vermitteln die inzwischen landesweit 42 "Wellcome"-Teams ehrenamtliche Helfer, die an mehreren Tagen für zwei bis drei Stunden ins Haus kommen. "Die Bitte um Unterstützung reicht", erläuterte Schulz. Anträge seien nicht nötig. Wer kann, zahlt fünf Euro pro Stunde; jeder Zweite kann das nicht und erhält die Hilfe kostenlos.

Das vor einem Jahr angelaufene Projekt "Elternstart NRW" erreichte 2012 mit rund 1800 Kursen und 162 Baby-Treffs rund 16 000 junge Mütter und Väter mit Kindern unter einem Jahr. 2012 wurden in NRW rund 146 000 Kinder geboren. Hier beantworten pädagogische Fachkräfte Fragen der Eltern und klären über Ernährung, motorische Entwicklung des Kindes, aber auch über typische Paarbeziehungsprobleme auf. Diese Angebote sind kostenlos.

Beide Initiativen wenden sich an Eltern aller Altersklassen und aus allen sozialen Milieus. Von sozial Benachteiligten bis zur Arztgattin seien auch alle Schichten vertreten, berichteten die Vertreter der Familienbildung.

Eine interessante Beobachtung machte Edith Schmitzer von der Familienbildungsstätte der Arbeiterwohlfahrt in Essen: "Gebildetere Eltern wissen viel, aber nicht wie sie es anwenden sollen. Ihnen fehlt oft das Bauchgefühl." Das sei bei den einfachen Leuten häufig ausgeprägter. Ein großer Teil der Ratsuchenden seien Eltern zwischen 35 und 45 Jahren.

Die CDU-Opposition kritisierte, das Angebot sei nicht flächendeckend. Etliche Eltern und Kinder würden daher zurückgelassen, bemängelte die Landtagsabgeordnete Ina Scharrenbach. Außerdem solle "Elternstart NRW" besser mit der Arbeit der Kindertageseinrichtungen verzahnt werden.

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