Kommentar zu CDU/CSU Harmonie unter Schwestern?

Meinung | Berlin · Das Verhältnis der CDU zur CSU bleibt angespannt. Dass sich Merkel und Seehofer zuletzt versöhnt hätten, ist mehr Wunsch als Wirklichkeit.

 Oftmals uneins: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer.

Oftmals uneins: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer.

Foto: dpa

Im Sommer, beim Friedensgipfel von CDU und CSU in Potsdam, haben Angela Merkel und Horst Seehofer vereinbart: Sie wollen wissen, was der Basis wichtig ist. Wenn in knapp zwölf Monaten aller Voraussicht nach bereits über den nächsten Koalitionsvertrag im Bund verhandelt wird, braucht die Union in zentralen Politikfeldern programmatische Klarheit. Die Mehrheitsbildung nach der nächsten Bundestagswahl wird in einem Parlament mit womöglich sieben Parteien ohnehin schwierig genug.

Ende dieser Woche macht die CSU bei ihrem Parteitag in München ihren Aufschlag. Anfang Dezember will sich die CDU bei ihrem Bundesparteitag in Essen für das Wahljahr aufstellen – und Merkel vermutlich wieder zu ihrer Vorsitzenden wählen und somit auch erneut zur Kanzlerkandidatin machen. Doch vorher wird in insgesamt sechs Deutschland-Kongressen von CDU und CSU die Parteibasis gehört, wie am Mittwoch in Bonn über „Bevölkerungsentwicklung und Migration“. Das Thema bewegt die Menschen. Und der Streit zwischen CDU und CSU über eine Flüchtlingsobergrenze (oder nicht ) schwelt weiter. Merkel bleibt ihrer Linie treu und damit nun auch erstmals einem CSU-Parteitag fern.

Erst die Inhalte, dann die Personalien, ließ CSU-Chef Seehofer erst vor Wochenfrist wieder eine Festlegung auf Merkel als nächste gemeinsame Kanzlerkandidatin gezielt offen. Dabei weiß der bayerische Meister der Nadelstiche selbst: Ohne Merkel würden sich beide Unionsparteien massiv schaden. Merkel jedenfalls wird sich ab Ende November bei vier CDU-Regionalkonferenzen in Neumünster, Heidelberg, Münster und Jena anhören, was die Mitglieder denken und dabei auch spüren, wem sie (noch) vertrauen.

Verhältnis zur CSU bleibt angespannt

Aber Bundeskanzler müssen auch durch schwere Zeiten, in denen sie sich nicht selten auch ein Stück von ihrer Partei entfernen. Helmut Schmidt musste eine solche Erfahrung in der Folge seines Eintretens für den Nato-Doppelbeschluss machen. Gerhard Schröder verprellte große Teile der SPD mit den Arbeitsmarktreformen seiner Agenda 2010. Merkels Härtetest der Gefolgschaft der eigenen Partei ist die Flüchtlingspolitik geworden. Beim letzten Bundesparteitag in Karlsruhe schaffte sie es immerhin, die uneingeschränkte Zustimmung der CDU-Delegierten für den Leitantrag des Vorstandes und damit für ihre Flüchtlingspolitik zu bekommen.

Gleichwohl bleibt das Verhältnis zur CSU angespannt. Dass sich Merkel und Seehofer zuletzt versöhnt hätten, ist mehr Wunsch als Wirklichkeit. Die Union steht unter Druck, muss sie doch mehr denn je fürchten, mit der Alternative für Deutschland könnte sich rechts von ihr dauerhaft ein politischer Wettbewerber festsetzen. Die Union muss die Reihen schließen – unter Schwestern. Das gelingt nicht, wenn Merkel und Seehofer Parteitage des jeweils anderen meiden und so signalisieren: Da steht etwas zwischen uns.

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