Der SPD-Kanzlerkandidaten-Check Hannelore Kraft: Die Unterschätzte

Berlin · Hannelore Kraft ist beim Wähler im Wort, nicht nach Berlin zu gehen: Kraft ist die einzige Frau im Kandidaten-Quartett der Sozialdemokraten. Und eigentlich gibt es sie als Kandidatin gar nicht. Denn die 51-Jährige will in NRW bleiben.

 Die SPD-Kanzlerkandidaten-Check: Hannelore Kraft, die Unterschätzte. Gegen CDU-Kandidat Nörbert Röttgen gewann sie die NRW-Wahl haushoch.

Die SPD-Kanzlerkandidaten-Check: Hannelore Kraft, die Unterschätzte. Gegen CDU-Kandidat Nörbert Röttgen gewann sie die NRW-Wahl haushoch.

Foto: dpa

Die studierte Diplom-Ökonomin, das ist ihr Vorteil, kennt Wirtschaft nicht nur aus Lehrbüchern. Denn vor ihrem Studium absolvierte sie eine Lehre als Bankkauffrau und sie hat immerhin einige Jahre in der Wirtschaft gearbeitet. Als Ministerpräsidentin hält sie im Industrieland NRW klugen, engen Kontakt zu den heimischen Unternehmen, was ihr in der Bewertung der Energiewende deutlich hilft.

Hannelore Kraft, die lange im Schatten angeblich starker Männer in der nordrhein-westfälischen Sozialdemokratie stand, ist bei den Bürgern im Land sehr beliebt, auch wenn sie sich aktuell wieder mit Platz 5 in der bundesweiten Beliebtheitsskala begnügen muss. Nach ihrem grandiosen Wahlsieg im Mai hatte sie sogar einmal vor Angela Merkel auf Platz eins gestanden. Momentan haben sie Merkel, Wolfgang Schäuble, Thomas de Maizière und Frank-Walter Steinmeier wieder überholt.

Die unprätentiöse Mülheimer Sozialdemokratin füllt mittlerweile zwar auch Marktplätze, kann sich dort auch Gehör (und Respekt) verschaffen, aber die kleine Begegnung ist ihre Stärke, dort ist sie am überzeugendsten. Wenn man so will: Je näher man ihr kommt, desto mehr gewinnt sie an Ausstrahlung.

Die Sozialdemokratin aus dem Ruhrgebiet ist derzeit eindeutig die beliebteste Politikerin in der SPD. So beliebt, dass ihr auf dem letzten Wahlparteitag Ende 2011 bei der Wiederwahl zur stellvertretenden Vorsitzenden sogar 100 Prozent zugebilligt wurden, was ein Lesefehler war, der dann auf 97,2 Prozent reduziert wurde. "Nur" 97,2 Prozent. Ihre innerparteiliche Stellung ist also völlig unumstritten, weil sie nicht polarisiert, sondern ähnlich wie Gabriel versucht, die Partei zusammenzuhalten.

Ihre Regierungskarriere begann vor elf Jahren als Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten unter Wolfgang Clement. Unter Peer Steinbrück amtierte sie anschließend als Ministerin für Wissenschaft und Forschung. Seit Sommer 2010 ist sie Ministerpräsidentin von NRW. 2011 war sie erste Bundesratspräsidentin.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Kommentar zu den Folgen der Cannabis-Legalisierung Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Zum Thema
Aus dem Ressort