Kommentar zur Rente Haltelinie gesucht

Meinung | Berlin · Die politischen Entscheider stehen vor einer gewaltigen Aufgabe. Altersarmut wird für Millionen von Menschen zum greifbaren Risiko. Das birgt gewaltigen sozialen Sprengstoff.

 Viele alte Menschen sind von Armut bedroht.

Viele alte Menschen sind von Armut bedroht.

Foto: dpa

Wenn bis 2035 die geburtenstarken Jahrgänge der Bundesrepublik in den Ruhestand gehen, muss das Niveau der gesetzlichen Rente stehen. Was ist bezahlbar? Was nicht? Was belastet künftige Generationen über Gebühr? Wie viel Rente dürfen also die Millionen Babyboomer nach ihrer Lebensleistung erwarten, ohne das System der Alterssicherung zu gefährden? Die gesetzliche Altersversorgung wird dann bei vielen Arbeitnehmern nicht mehr genügen, um nur einigermaßen ihr bis dato gewohntes Lebensniveau zu halten. Sehr viel schlechter sieht es für Geringverdiener aus, von denen viele trotz redlicher eigener Bemühungen nicht in der Lage sind, zusätzlich privat für ein auskömmliches Leben im Alter vorzusorgen.

Die politischen Entscheider stehen deshalb vor einer gewaltigen Aufgabe. Altersarmut wird für Millionen von Menschen zum greifbaren Risiko. Das birgt gewaltigen sozialen Sprengstoff und kann neuen Zulauf für die politischen Ränder links und rechts provozieren. Umso wichtiger ist es, möglichst bald Schutzlücken für die Rente zu schließen. Umso unverständlicher, weil rückwärts gerichtet und für die nächste Generation teuer, sind Forderungen der CSU, die die Mütterrente weiter ausbauen will. Entsprechend ergebnisfrei verlief das jüngste Treffen von CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer zur Rente. Jedenfalls hatten beide danach nichts mitzuteilen, außer, dass Merkel nicht beim CSU-Parteitag sprechen wird.

Gesucht wird nun die sogenannte doppelte Haltelinie: Das Rentenniveau soll möglichst nicht zu tief sinken und die Beiträge zur Rentenversicherung sollen möglichst nicht zu stark steigen. Um das Rentenniveau, also das Verhältnis der Rente zum Durchschnittslohn, stabil zu halten, hat SPD-Generalsekretärin Katarina Barley beispielsweise vorgeschlagen, die Beitragsbemessungsgrenze abzuschaffen. Dann müssten Besserverdiener (und ihre Arbeitgeber) auch für Lohnanteile oberhalb dieser Bemessungsgrenze (derzeit 6200 Euro West/5400 Euro Ost) Rentenbeiträge abführen. Doch Arbeitsministerin Andrea Nahles warnt zu Recht: Höhere Rentenbeiträge bedeuten auch höhere Rentenansprüche.

So bleibt die Zukunft der Rente auf Sicht ein Megathema – auch wegen des Ausgleichs unter den Generationen, selbst wenn aktuell die Rentenkassen passabel gefüllt und höhere Beiträge wegen der guten Konjunktur kaum zu erwarten sind. Die große Koalition arbeitet derzeit an einem Gesetzentwurf zur Reform der betrieblichen Altersvorsorge. Ein Baustein: Betriebsrenten könnten künftig auch in Tarifverträgen verabredet werden, wobei die Haftung der Arbeitgeber für Betriebsrenten dann entfallen soll. CDU, CSU und SPD sollten eigentlich die Kraft haben, die Rente zu sichern. Wann sonst könnte eine große Koalition ihrer Aufgabe besser gerecht werden als bei einem solchen Thema?

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