Kommentar zum Freihandelsabkommen mit Brasilien Grober Keil

Meinung | Brasilien · Die EU muss sich klarmachen, was ihr Anteil ist an dem Drama im Regenwald. Denn die Kahlschlagpolitik gegen den Wald dient oft dem Anbau von Soja für Tierfutter, auch für Europa. Emmanuel Macron hat nun vorgemacht, wie man den Trumps und Bolsonaros begegnen kann.

 Ein Mitarbeiter der brasilianischen Umweltbehörde vor einem Brand im Amazonas-Gebiet.

Ein Mitarbeiter der brasilianischen Umweltbehörde vor einem Brand im Amazonas-Gebiet.

Foto: dpa

Ja, es ist problematisch, wenn die EU und Südamerika zwei Jahrzehnte ein Abkommen über die größte Freihandelszone der Welt aushandeln und es dann ins Wanken gerät. Vor allem, weil schon das mit den USA geplante Freihandelsabkommen TTIP scheiterte – während China und Russland ihre Netzwerke weiter ausbauen. Aber es ist noch sehr viel dramatischer, wenn ein Präsident in Brasilien dem Regenwald am Amazonas zu Leibe rückt, der zwar zu seinem Land gehört, aber die größte Lunge der Welt ist.

Stirbt der Regenwald, werden Menschen von Sao Paulo bis Wladiwostok und ihre Kinder und Enkel und Urenkel die Wiederaufforstung nicht mehr erleben. 100 Jahre gelten als Richtschnur für die Regeneration.

Seit dem Amtsantritt von Donald Trump in Washington, der wie Jair Bolsonaro in Brasilia behauptet, der Klimawandel sei nicht menschengemacht, erlebt der Westen in seinen Reihen ungeahnte Tabubrüche. Die Partnerstaaten haben sich lange gescheut, auf den groben Klotz mit einem groben Keil zu schlagen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat das beim G7-Gipfel jetzt einmal ausprobiert, und siehe da, es bewegt sich etwas.

Im Konflikt um das von Trump gekündigte Atomabkommen mit dem Iran provozierte Macron den US-Präsidenten mit dem Überraschungsbesuch des Feindes, dem iranischen Außenminister, in Biarritz. Jetzt kann sich Trump sogar vorstellen, mit Irans Präsidenten Ruhani zu sprechen. Und dem brasilianischen Präsidenten drohte Macron damit, das Mercosur-Freihandelsabkommen auf Eis zu legen, wenn er nicht entschlossen gegen die Flammen vorgeht.

Aber die Drohungen gegen Bolsonaro zeigen schon jetzt Wirkung. Er kann sich plötzlich doch internationale Hilfe bei der Brandbekämpfung vorstellen und Gouverneure, darunter Parteikollegen, kritisieren nun offen dessen Kahlschlagpolitik gegen den Wald, dessen beträchtliche Zerstörung er befürwortet, damit Landwirte etwa Soja anbauen können – Futter für Rinder, auch in Europa.

An dieser Stelle muss sich die EU klarmachen, was ihr Anteil ist an dem Drama im Regenwald. Es ist richtig, Bolsonaro mit wirtschaftlichen Einbußen zu drohen. Zugleich muss in der EU einer der Hauptgründe für den Klimawandel, der hohe Fleischkonsum, stärker kommuniziert und umgesteuert werden. Weniger Fleisch bedeutet weniger Schlachttiere, weniger Futter, weniger Soja, weniger Fläche, die gerodet wird. Wenn der Regenwald die Lunge der Welt ist, muss sich die Welt auch um ihn kümmern. Nicht nur Brasilien.

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